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Johann – eine Hausauflösung

Upcycling Schiebermütze von storyofmyshirt

Ja was ist denn das? Ein schöner Mann mit einer schönen Mütze in einer schönen Landschaft. Der Mann ist meiner (yay!) und auf seinem Kopf tront meine neueste Leidenschaft: die Schiebermütze! Ich habe sie aus dieser Anzugsjacke gemacht, die ich bei einer Hausauflösung mitgenommen habe.

IMG_20160301_143554    Upcycling Schiebermuetze entsteht  Upcycling Schiebermütze storyofmyshirt Innenansicht

Und wie ich an diese Jacke gekommen bin, das war so…

Durch einen Zufall habe ich von einer Hausauflösung in der Nähe erfahren und musste natürlich sofort dort hin. Gleich am nächsten Morgen setzte ich mich ins Auto, um mich mit Katrin zu treffen, die mich durch das Einfamilienhaus führte und mir alle Sachen zeigte, die zu haben waren. Es war ein wahrscheinlich in den 70er Jahren gebautes Haus, viele braune Fliesen und Eichenschränke. Ich kam an und es herrschte völliges Chaos, das Katrin, eine Helferin aus der Nachbarschaft, innerhalb von 3 Wochen bezwingen musste. Denn dann sollte das Haus wieder neu vermietet werden.

Der Besitz eines ganzen Lebens

Ich fühlte mich sofort wie ein Eindringling. Der alte Mann, der hier vorher noch gelebt hat, war ins Altenheim gezogen und hat den Besitz seines ganzen Lebens hinter sich gelassen. Und nicht nur den, auch die Sachen seiner Frau und die seiner Kinder. Ich wurde ein bisschen traurig. Besonders als mir Katrin sagte, dass sie alles wegwerfen muss, was nicht mitgenommen wird. Die Erinnerungen eines ganzen Lebens werden einfach so auf den Müll geworfen. Ich wanderte durch die Zimmer, bis ich im ersten Stock in die Schlafzimmer kam, in denen die gesamte Kleidung, sowie Bettwäsche und Tischwäsche, ausgebreitet auf dem Boden lag. Fein säuberliche Stapel mit hauptsächlich in Blautönen gehaltenen Herrenhemden, stapelweise Pullover und Anzugshosen. Daneben ein Berg mit Damenbekleidung, Kleider, Röcke und Blusen einer alten Dame. Dazwischen fand ich immer wieder einmal original verpackte Strumpfhosen aus den 60ern oder auch original verpackte Hemden, die neu gekauft offensichtlich im Schrank vergessen wurden. Ich tauchte ein in die Materialmassen und nahm alles mit, was in mein Auto passte. Hemden, Jacken, Kleider, Hosen, Röcke und auch Bettwäsche.

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Erinnerungen und Geheimnisse

Zwischendurch versuchte ich aus Katrin ein bisschen heraus zu kitzeln, wer denn der Mann gewesen ist. Sie war sehr zurückhaltend und wollte nicht wirklich über ihn sprechen. Sie erzählte mir, dass sie seit ca. 5 Jahren in der Nachbarschaft wohnt und sie ihn immer alleine am Fenster stehen sah. Sie wusste, dass er Zeit seines Lebens als „Bierkutscher“ bei Spatenbräu in München gearbeitet hat. Das erklärte, warum die Küche vollgestellt war mit alten, steinernen Bierkrügen von Spatenbräu. Dann erzählte sie mir noch, dass man bei Spatenbräu wohl blaue Hemden zur Arbeit tragen musste. Ich konnte noch herausfinden, dass er Johann und seine Frau Anna hieß. Johann ist ungefähr 75 Jahre alt.

Steinerne Bierkrüge von Spatenbräu

Nachforschungen dauern an

Ich fuhr also nach Hause mit dem Auto bis oben hin vollgeladen und ab diesem Zeitpunkt ließ mich Johann nicht mehr los. Wer war er? Wie hat er sein Leben gelebt? Wer war seine Frau? Ich begann mir anhand seiner Kleidung und der Einrichtung des Hauses verschiedene Lebensszenen vorzustellen. Nach einiger Zeit ertappte ich mich aber dabei, wie ich aus diesem mir unbekannten Menschen eine verklärte Version erstellte und einfach alles mögliche ausblendete. In meiner Version gibt es nur Positives,  was in einem Menschenleben ja definitiv unmöglich ist. Jeder muss Erfahrungen machen, die weh tun, nerven oder einfach nur ärgerlich sind. Aber auch nicht jeder Mensch ist nett. Auch wenn ich es mir wünschen würde.

Also versuchte ich doch noch in Kontakt mit Johanns Sohn zu kommen. Katrin erklärte sich bereit, meine email weiterzuleiten.

Ich hoffe nun also, dass Johanns Sohn Lust hat, ein bisschen über seinen Vater zu plaudern, und es mir so möglich macht, ihn zumindest ein klein wenig genauer kennenzulernen. Bis dahin kann ich leider nur erzählen, wie ich diese Hausauflösung erlebt habe, denn mehr weiß ich nicht über Johann und Anna.

 

Textile Geschichten mit Suschna

Susanne Schnatmeyer habe ich vor einiger Zeit bei Twitter entdeckt und seitdem bin ich begeisterte Leserin ihres Blogs „Textile Geschichten„.  Was begeistert mich so sehr, das ich ihr einen eigenen Blogpost widmen möchte? Suschna (so nennt sie sich bei Twitter) behandelt einen Aspekt von Mode und Kleidung, der im deutschsprachigen Raum leider sträflich vernachlässigt wird. Sie schreibt über textile Kulturgeschichte, das heißt sie befasst sich mit historischen Handwerkstechniken, Kleider- und Modefragen in einem kulturellen Zusammenhang und recherchiert zu diesem Zwecke in historischen Originalquellen. Ihre genaue und aufwändige Recherche fasst sie in angenehm formulierten Blogposts zusammen und veranschaulicht sie mit viel Bildmaterial. Sie gibt aber auch Tips zu Ausstellungen und zeigt in ihren Stoffspielereien jeden Monat eigene Umsetzungsversuche von verschiedenen Handwerkstechniken.

Suschna

Foto: Susanne Schnatmeyer©

Ende letzen Jahres hat Susanne dann ein wunderhübsches, kleines Geschenkbüchlein im Selbstverlag veröffentlicht. Darin erklärt sie Redensarten, die aus den textilen Handwerken  stammend, fest in unserem heutigen Sprachgebrauch verankert sind.

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Sie forscht nach warum wir aus dem Nähkästchen plaudern, den roten Faden suchen oder gar den Faden verloren haben und erklärt kurz, prägnant und vor allem unterhaltsam, wie der Ausdruck entstand.

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Hier könnt ihr euch das Büchlein noch genauer ansehen.

Ich freue mich, dass Susanne mir ein paar Fragen zu sich und ihrem Blog beantwortet hat. Danke dafür und insbesondere auch herzlichen Dank für die inspirierende Link Liste!

1. Deine Blogbeiträge sind sehr recherchenaufwändig. Wo und wie recherchierst du?

Für die Blogbeiträge habe ich meist spontane Ideen und recherchiere dann hauptsächlich im Internet und meinem Bücherschrank. Zum Glück sind inzwischen viele historische Originalquellen auch digital zugänglich. Sehr viel Aufwand macht die Suche nach Bildmaterial. Ich will ja kein Copyright verletzen, wenn ich fremde Abbildungen im Blog verwende.
Bei größeren Themenkomplexen verlasse ich mich aber nicht allein auf das Internet. Für mein Redensarten-Buch zum Beipiel habe ich viele Wochen in der Unibibliothek verbracht.

2. Du machst das alles in deiner Freizeit? Was machst du hauptberuflich?                  Neben Familien- und Ehrenamtsarbeit nehmen die Recherchen und das Schreiben inzwischen meine gesamte Zeit ein. Vom Brotberuf her bin ich eigentlich Juristin und habe bis zur Elternzeit auch lange als Juristin gearbeitet. Nebenher habe ich dann aber auch immer etwas anderes gemacht, zum Beispiel gemalt und Ausstellungen gemacht.
Inzwischen steht das Bloggen und Büchermachen im Vordergrund. Gerade der erfolgreiche Buchverkauf hat mir gezeigt, dass es für Publikationen über textile Kulturthemen einen großen Bedarf gibt.

3. Woher kommt dein Interesse an textilen Codes, Kostümgeschichte und handwerklichen Techniken?
Ursprünglich war ich hauptsächlich künstlerisch tätig und habe viel gemalt und gewerkelt. Nähen und andere Handarbeitstechniken gehörten für mich immer dazu. Über die Blogs habe ich im Textilbereich dann Gleichgesinnte gefunden, zuerst bei den Ursprüngen des MeMadeMittwoch und dann auch bei der Berlin Modern Quilt Guild. Erst ging es mehr um Techniken und Anleitungen, aber im Lauf der Zeit habe ich gemerkt, dass es auf Deutsch so gut wie keine Blogs gibt, die sich mit kulturgeschichtlichen Themen im Textilbereich beschäftigen. Das ist vor allem im englischsprachigen Raum ganz anders. Dieses Desinteresse und der Mangel an Informationen über ein eigentlich sehr wichtiges Thema hat mich gestört und ich beschloss, mich darauf zu spezialisieren.
4. Welche Blogs, Websites o.ä. inspirieren dich oder liest du selbst gerne?                         Es gibt es viele englischsprachige Seiten, die ich bewundere und die mir Mut machen.
Kate Davies z.B. ist für mich eine gelungene Mischung aus Praxis und Theorie. Auf Deutsch gibt es so einen Hybrid eigentlich gar nicht. http://kickshawproductions.com/blog/ gräbt immer tolle Sachen aus,  American Age Fashion ist eine interessante kulturhistorische Sammlung für Alltagskleidung ab 1900 in den USA, bei Textilis geht es viel um historische Textilproduktion und -wirtschaft. Das sind nur Beispiele für viel andere.
Was die Aufbereitung gemeinfreier Quellen angeht, ist die Public Domain Review für mich ein Vorbild.
Auf Deutsch gibt es zum Kulturthema Mode langsam immer mehr Blogs, Story of my Shirt gehört ja auch dazu 🙂
gaffer deluxefashion twist Texte über Kleidung und Mode oder Kleiderschrank
Dann schaue ich auch gern bei Reenactmentseiten vorbei, Kleidung um 1800 zum Beispiel ist so eine Seite, auf der immer wieder interessante geschichtliche Recherchen zu finden sind.
5. Dein erstes offline Projekt, das Geschenkbuch, verkauft sich gut schreibst du. Hast du noch weitere Pläne für Druckerzeugnisse?                                                                                                                                                                                  Ja, das Buchexperiment war ein voller Erfolg. Die erste Auflage war innerhalb von 8 Wochen vergriffen. Die 2. Auflage wird Anfang März wieder erhältlich sein und ich arbeite an einem Band 2. Mehr darüber in Kürze im Blog. Für die Zukunft habe ich noch sehr viele Ideen für Publikationen. Da ist noch ein goßes leeres Feld zu beackern, wie schön!

Lesestoff

In der letzten Zeit habe ich so viele neue interessante Blogs und Projekte entdeckt, dass ich Euch heute einige davon in diesem Post vorstellen möchte.

Hindi Kiflai – DailyRewind

Anfangen möchte ich mit Hindi Kiflais Blog DailyRewind, den ich wie immer viel zu spät entdeckt habe. Hindi hat 2015 ein tolles Projekt gestartet: jeden Tag postete sie auf ihrem Blog ein Outfit, das komplett aus second hand Kleidungsstücken bestand. Sie schreibt, dass sie einfach keine Lust mehr hatte sich neue Looks diktieren zu lassen und so ist sie auf den „Nachhaltigkeitsgeschmack“ gekommen. Fair hergestellte Biomode ist jedoch nichts für den kleinen Geldbeutel und die Idee war geboren: Cool aussehen geht auch mit second Hand Kleidung. Ich habe mich mit großer Freude durch die Bilder geklickt, weil Hindi in wirklich jedem Outfit toll aussieht. Aber auch ihr sympathisches Lächeln und ihre locker geschriebenen Texte, die sie fast jeden Tag mit einem interessanten Lese- oder Anschau Tipp spickt, haben mir sehr gefallen. Dringende Leseempfehlung!                                                                                                     Hier geht es zu ihrem kleinen Film: What I did last year – DailyRewind 2015

Emily Spivack – worn stories

Das nächste Projekt, das ich wahnsinnig inspirierend fand stammt von der Amerikanerin Emily Spivack, die ich zufällig entdeckt habe. Glücklicherweise habe ich mich von amazon überreden lassen auf den vorgeschlagenen Titel worn stories zu klicken, denn so habe ich ihr Buch und die dazugehörige Homepage kennengelernt. Emily Spivack ist Autorin, Kuratorin und bei all ihren Projekten geht es immer irgendwie um Kleidung. Sie schreibt: „I’m not overly sentimental. Nor am I a hoarder. I just feel a strong connection to the memories that accompany clothing.“  Als ich diesen Satz gelesen habe, war ich schockverliebt und hab mich sehr verstanden gefühlt. Genau darum geht es mir ja auch! Worn stories ist eine Homepage bei der jeder mitmachen kann und ein Foto eines Kleidungsstücks hochladen kann und die dazugehörige Geschichte erzählen kann. Aus den vielen Einträgen hat Emily Spivack dann eine Auswahl als Buch herausgebracht. Darunter sind Geschichten von Greta Gerwig (Schauspielerin), Johnny Cashs Tochter, Piper Kerman (ihr Leben im Gefängnis wurde in der Serie Orange is the new black verfilmt), aber auch ganz normalen, nicht berühmten Leuten, mit teilweise aberwitzigen Anekdoten. Bildschirmfoto 2016-01-29 um 23.20.40

Ein weiteres Projekt von ihr heißt sentimental value, eine Seite auf der sie eBay Kleinanzeigen Fundstücke (Kleidung, Schuhe, Accessoires) vorstellt und die Verkäufer die dazugehörige Geschichte erzählen lässt bzw. den Grund, warum sie verkaufen wollen. Da erzählt zum Beispiel eine Frau, ihre tragisch-romantische Geschichte von ihrem Hochzeitskleid oder man stolpert über eine vom Gericht angeordnete Auktion, in der ein für Whitney Houston maßgeschneidertes Abendkleid in Schlangenhautoptik verkauft werden soll, um ihre Schulden zu begleichen. Achtung Prokrastinationsgefahr, weil sehr unterhaltsam!

refash.net

Eigentlich ist refash.net alles wovon ich schon immer geträumt habe… Ein online shop mit second hand Sachen aber auch upcycling Mode, ein Blog und es gibt sogar einen Laden in Berlin! Das Tolle daran ist, dass der Shop aus internationalen Verkäufern besteht und nicht so glatt ist, wie andere ähnliche Plattformen. Die Fotos sind minimalistisch, aber gerade deshalb so stylisch. Man hat wirklich das Gefühl man geht durch einen coolen Laden irgendwo in Berlin, Warschau oder Eindhoven. Viel Spaß beim stöbern!

Vielleicht findet ihr ein bisschen Inspiration in meiner kleinen Auswahl. Welches Projekt gefällt Euch am besten? Gerne rein damit in die Kommentarfunktion!

 

 

Stoff aus der Vergangenheit

Ich freue mich riesig Euch zwei tolle Frauen vorstellen zu dürfen, die auf den ersten Blick vielleicht nicht direkt etwas mit Geschichten über Kleider zu tun haben. Aber als ich zum ersten Mal in ihrer Werkstatt zu Besuch war, wurde ich eines besseren belehrt. Laura Lun und Veronika Disl sind Restauratorinnen (www.monalisl.com) und als wir uns kennenlernten, arbeiteten die beiden an zwei wunderschönen Seidenkleidern und einer frühmittelalterlichen (!!!!) Gürtelgarnitur.

© Jan E. Siebert

© Jan E. Siebert (stehend Laura, sitzend Veronika)

Ich durfte eins der ältesten Kleidungsstücke, das ich je gesehen habe, ganz nah betrachten. Sie restaurieren neben Textilien u.a. auch Gemälde, Skulpturen und archäologische Fundstücke und sie haben mir einen spannenden Einblick in ihren Beruf gegeben. Aber lest selbst…

Woher kommt Euer Interesse für alte Kirchen, Reliquien und alte Kunst?

Laura: Also bei mir war es so, dass ich mich eigentlich seit ich denken kann für Kunst interessiere. Meine Tante ist Malerin und ich habe selbst auch immer gemalt, auch das Handwerkliche hat mich immer schon fasziniert. Ich hatte in der Schule auch Kunstleistungskurs. Ich habe als Beruf immer etwas Handwerkliches gesucht, aber eben auch etwas Wissenschaftliches, ich wollte das irgendwie kombinieren. Mich hat aber auch Archäologie und Kunst interessiert. Ich wollte das alles verbinden und da war Restaurierung die perfekte Kombination aus Wissenschaft, Handwerk, auch Chemie, man lernt ja den Umgang mit Lösemitteln, oder Werkstoffkunde, Physik, also wie die Materialien altern. Und man ist hautnah dran an der Kunst und kann mitforschen.

Veronika: Ja bei mir ist das eigentlich genauso. Ich habe mich auch als Kind schon für Kunst interessiert und meine Eltern haben das auch immer unterstützt. Meine Mutter ist auch Malerin und ich habe auch schon immer gemalt. Ich wollte beruflich aber eher etwas praktisches machen und habe dann einen Beruf gesucht, der mit Kunst zu tun hat.

Euer Einstieg kam also über die Kunst…

Laura: Auf alle Fälle! Ich habe mir zwar auch überlegt, ob ich Designerin oder Künstlerin werden soll, aber das war mir dann zu riskant, weil ich nicht auf Knopfdruck kreativ sein kann. Ich wollte auch etwas Handfesteres und eben auch etwas Wissenschaftliches machen. Ich bin dann durch Zufall auf den Studiengang gestoßen. Der Studiengang heißt Restaurierung, Kunsttechnologie und Konservierungswissenschaft und gehört zur Fakultät Architektur. Unser Lehrstuhl ist da aber etwas abgekapselt und auch sehr klein.

Zwei Eurer momentanen Projekte kommen aus dem textilen Bereich. Erzählt doch mal von der Herkunft des Gürtels und der Seidengewänder. 

Veronika: Wir haben im Moment zwei Seidengewänder, die wahrscheinlich aus den 1920er oder 30er Jahren sind und aus Eching bei München stammen. Das eine ist so ein Nachtgewand, eine Art Body aus Seide. Leider ist Seide nicht sehr alterungsbeständig, das heisst über die Jahrzehnte zersetzt sich das Gewebe einfach und bricht an vielen Stellen. Bei dem Nachthemd ist der Stoff in der Mitte schon sehr zerbrochen und wir wollen dort den Stoff mit einem neuen Trägerstoff unterlegen. Und zwar wird da ein Bindemittel auf Acrylbasis auf diesen neuen Stoff gestrichen und unter den brüchigen Seidenstoff gelegt und dann mit einer Heizspachtel appliziert. Dafür nimmt man entweder Seide entsprechend dem Originalstoff oder man nimmt einen relativ dünnen, flexiblen Polyesterstoff, der hat den Vorteil, dass er sich auf lange Sicht nicht auch zersetzt. So kann man nach dem Aufbügeln den Originalstoff stabilisieren.

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Tageskleid aus Seide

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Glasperlenstickerei

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Was ist mit den Perlen, nehmt ihr die vorher ab oder halten die die Hitze aus?

Veronika: Nein, die bleiben dran. Es gibt so eine ganz kleine Heizspachtel mit verschiedenen Aufsätzen und damit kann man gut zwischen den Perlen arbeiten. Aber man muss schon aufpassen, dass die Glasperlen nicht mit dem heissen Bügeleisen in Berührung kommen.

Laura: Ich wollte nur noch kurz etwas zu der Ergänzung sagen: Bei manchen Museen ist es gerade gewünscht, dass man sieht wo das alte Stück noch original ist und wo geflickt wurde. Das macht man zum Beispiel zu Lehrzwecken so. Manchmal ist es also wirklich so, dass man zeigen will, dass es restauriert ist, da richten wir uns nach dem Auftraggeber. Museen wollen eher, dass man es sieht und Privatpersonen oder Auktionshäuser wollen meistens, dass man es gar nicht sieht. So macht man das eigentlich bei allen Stücken wie z.B. auch bei Gemälden, man kann die Retusche so machen, dass man sie gar nicht sieht oder so, dass man sieht, wo das Gemälde eigentlich kaputt ist.  Das ist ein interessanter Aspekt, der viel diskutiert wird, wie man denn jetzt am besten ergänzt.

Ich kann mir vorstellen, dass da die Meinungen diametral auseinander gehen….

Beide: Ja das kann man so sagen!

Laura: Es gibt auch verschiedene Schulen, man restauriert in Italien zum Beispiel anders als in Deutschland. Jedes Land hat so seine eigene Methodik und man kann schon sehen, wo was restauriert wurde. Also es wird natürlich auch hier globaler, man schaut sich Sachen ab und übernimmt die dann, man mischt die Stile, kombiniert altbewährte Techniken mit neu entwickelten Techniken und Materialien, man forscht und bildet sich weiter und findet so eine geeignete Technik für das jeweilige Kunstwerk. Die Kunst daran ist, dass wir zwar künstlerisch arbeiten, aber möglichst unaufdringlich und so, dass man es kaum sieht und das zu restaurierende Kunstwerk nicht mit einer eigenen Handschrift „stört“.

Zurück zum zweiten Projekt, dem Gürtel: 

 Laura: Da geht es auch um Textil, aber um sehr altes. Der Gürtel stammt aus einer Blockbergung, das bedeutet, wenn Archäologen ganz empfindliche Stücke mit organischen Resten bergen wollen, dann nehmen sie nicht die einzelnen Stücke heraus, sondern den ganzen Erdblock, so dass nichts kaputt geht. Das ist dann unsere Aufgabe, dass wir aus dem ganzen Erdblock die Stücke herauslösen, untersuchen und unter dem Mikroskop feststellen, ob noch Textil oder Lederreste erhalten sind. Der Gürtel ist frühmittelalterlich, das heisst zwischen 600 und 1000 nach Christus ungefähr, also er ist wirklich alt und nach einer so langen Zeit in der Erde ist von dem Organischen leider nicht mehr viel erhalten. Man freut sich also wirklich, wenn man etwas findet und bei unserer Gürtelgarnitur hatten wir Glück, denn es sind sowohl textile als auch Lederreste erhalten. Das wurde ganz fein säuberlich aus der Erde herauspräpariert und getrocknet und dann wird die Erde Schicht für Schicht abgetragen, bis das Stück freigelegt ist. Danach wird es unter dem Mikroskop nochmal gereinigt, untersucht und konserviert, so dass man noch weitere Tests machen kann. Zum Bespiel kann man u.a. noch feststellen, welche Faser das ist.

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Hier sieht man die textilen Überreste des Kleidungsstück auf dem Teilstück des Gürtels

Habt ihr eine gewisse Ehrfurcht vor den Dingen, die ihr restauriert oder geht ihr da angstfrei daran?

Veronika: Ehrfurcht hat man eigentlich immer davor, nicht weil man Angst hat etwas kaputt zu machen, sondern eher, weil es einfach so alte Stücke sind und die schon so viel „erlebt“ haben. Es ist einfach ein Stück Geschichte, das man da in Händen hält.

Laura: Ich finde das auch immer Wahnsinn, wenn man etwas ausgräbt und dann hat man etwas in der Hand, das der letzte Mensch vor 1500 Jahren an seinem Gürtel getragen hat!

Wenn ihr an den Kleidern oder dem Gürtel arbeitet, überlegt ihr da auch, wer die wohl die Person war, die das mal getragen hat?

Laura: Klar, bei unserer Arbeit hat man ja auch sehr viel Zeit zum Nachdenken nebenbei, das ist ja das Schöne daran! Ich stelle mir dann schon immer Geschichten vor, wie das wohl war damals und wie das ausgesehen haben könnte, als es noch ganz war.

Wenn man sich die Materialien und die reiche Verzierung des Seidenkleides ansieht, so kann man doch aber davon ausgehen, dass das nicht unbedingt ein Bauernmädchen war, sondern doch eher eine Frau aus dem Mittelstand oder sogar eine Adlige, richtig?

Ja, auf alle Fälle jemand der Geld hatte und sich in den höheren Kreisen bewegt hat.

Und bei dem Gürtel ist das doch bestimmt ähnlich oder?

Laura: Ja da gibt es schon Möglichkeiten, da Genaueres festzustellen. Ich habe zum Beispiel einmal eine Fibel (*eine kunstvoll verzierte Nadel, die man sich an  das Gewand steckt) restauriert. Die hat eigentlich langobardisch* ausgesehen (*aus Italien stammend), wurde aber in Bayern gefunden. Da hat man dann zum Beispiel die Textilfasern untersucht und wenn der Stoff auch langobardisch ist, weiß man, dass die Trägerin zum Beispiel gereist ist. Wenn die Textilreste aus der bayrischen Region gewesen wären, hätte das Aufschluss gegeben, dass das wohl eher ein Geschenk war, wie ein Mitbringsel. Solche Nachforschungen machen aber eigentlich eher Archäologen, unsere Aufgabe ist es die Stücke in so einen Zustand zu bringen, dass Nachforschungen überhaupt möglich sind.

Wird man die Stücke besichtigen können nach der Restaurierung? Wenn ja, wo? 

Die Kleider wird man auf alle Fälle im Heimatmuseum Unterschleißheim besichtigen können. Zu dem Gürtel ist auch eine Ausstellung geplant, die noch mehr Stücke vom Ausgrabungsort zeigen soll. Es ist aber noch nicht sicher wie die Ausstellung heißen wird und wann sie stattfindet.

Was war bis jetzt Euer spannendstes Projekt? 

Veronika: Also ich mache neben Gemälden und Skulpturen ja auch Reliquiare, das sind die Aufbewahrungskästen für die Reliquie selbst. So etwas gefällt mir schon sehr gut, weil da so viele verschiedene Materialien verwendet werden. Also florale Darstellungen aus Gold- und Silberdraht, Glassteine, Edelsteine, Textil oder auch Federn. Diese Materialkombinationen finde ich besonders spannend.

Laura:  Man bekommt ja soviel zu sehen, da ist eins spannender als das andere. Aber meine drei Höhepunkte waren zum einen eine Blockbergung letztes Jahr mit ganz viel Organik darin, also Textil und Lederreste, das war schon spannend. Sowas hatten wir bis dahin nur in der Ausbildung. Und jetzt auch das mit dem Pferdchen an dem Gürtel, das ist schon was sehr Tolles.

Ein weiteres Highlight, sind unsere Türkei Aufenthalte in Gaziantep in Südostanatolien für die Universität Münster/die Forschungsstelle Asia Minor. Wir sind da also die Grabungsrestauratorinnen und sind da jedes Jahr 4-6 Wochen vor Ort.  Wir restaurieren da erst mal die kleineren Funde, die ausgegraben werden, also Schmuck, ganz viele Münzen und Perlen. Das ist eine riesige Ausgrabungsstelle, die es seit 2002 gibt und es gibt so viel zu finden dort. Ist ja klar, da waren die Römer, die Griechen, die Syrer und dieses Jahr wurden zum ersten Mal neolithische Überreste gefunden! Dieses Mal wurde auch ein Mosaikboden gefunden, den wir dann freilegen, reinigen und konservieren durften. Wir dokumentieren das dann vor Ort, denn die Fundstücke bleiben in der Türkei, und die Uni Münster wertet dann unsere Dokumentation aus.

Was Gemälderestaurierung betrifft, da hatten wir mal ein Gemälde das war sehr vergilbt und das sollten wir restaurieren, dann haben wir den Rahmen abgenommen und festgestellt, dass das Bild durch die Unterschrift des Künstlers abgeschnitten war und das Reststück der Leinwand im Rahmen steckte! Dann haben wir die Besitzerin gefragt, ob wir das wieder anstückeln sollen, denn das Bild hat ja dann eine ganz andere Wirkung, wenn es länger ist! Das war wirklich sehr viel Arbeit und dann war es tatsächlich auch ein bekannterer Münchner Maler Max Mayrshofer, der unter Sammlern recht bekannt ist. Das war am Anfang unserer Selbstständigkeit und war ein ziemlich schweres Stück Arbeit, das wir aber gut hinbekommen haben.

Und dann haben wir mal einen ganzen Altar konserviert, dafür haben wir auch zum ersten Mal einen richtig großen Kunsttransport selbst organisiert. Da haben wir für eine Kirche, die keinen Altar hatte, aus dem Kirchendepot einen passenden Altar suchen sollen und sollten dann die Kirche damit bestücken. Und der Altar den wir ausgesucht haben, hat wirklich richtig gut reingepasst und wir haben uns wahnsinnig gefreut, dass alles so gut geklappt hat.

Veronika: Und Anfang dieses Jahres haben wir 3 Gemälde für die Napoleon Ausstellung restauriert!

Couchdecke goes Wickelrock

Der Sommer scheint nun schon eine Ewigkeit her zu sein, ich trinke wieder Tee in rauen Mengen und friere trotzdem. Deshalb will ich heute den Sommer wenigstens ein kleines bisschen zurückholen und von der französischen Couchdecke erzählen.

Sommer, Südfrankreich und Flohmarkt

Als ich diesen Sommer in Südfrankreich im Urlaub war, hatte ich die Gelegenheit mit ein paar Freundinnen einen wunderbaren Tag in Perpignan zu verbringen. Wir sind sehr früh aufgestanden, um rechtzeitig auf einem der vielen Flohmärkte zu sein. Ich habe dort gelernt, dass es in Frankreich nicht nur ein Wort für Flohmarkt gibt, sondern sehr viele verschiedene. Je nachdem welche Bezeichnung verwendet wird, bekommt man unterschiedliche Sachen. Das reicht vom marché auf dem meist neue Ware wie Kleidung, Spielzeug aber auch Obst und Gemüse verkauft werden, bis zum vide-grenier der Flohmarkt, bei dem Privatpersonen ihren alten Krempel verkaufen und der marché aux puces – eher ein Antikmarkt bei dem auch viel Geld für die angebotenen Stücke bezahlt werden.

Wir sind auf einem dieser marchés aux puces unter den Platanen gelandet und ich habe dort Menlein kennengelernt. Wir haben ganz wunderbar aneinander vorbei geredet! Mein Französisch ist, naja ausbaufähig, aber Menlein war furchtbar charmant und soweit ich das verstanden habe, hat er die alten Couchdecken seiner Mutter verkauft. Ich habe mich für die weiße und die gelbe Decke entschieden. Hier ein paar Eindrücke…

Perpigan Flohmarkt

Upcycling the summer feeling

Wieder zuhause angekommen, wollte ich ein Kleidungsstück daraus machen, das irgendwie den vorigen Verwendungszweck weiter in sich trägt. Ich habe mir vorgestellt, wie Menleins Mutter die Decke über ihr Sofa wirft und darauf ihre verschiedenen Besucher empfängt, um mit ihnen ein Glas Rosé zu trinken und ein Schwätzchen zu halten. Ich wollte also ein Kleidungsstück herstellen, das vielen verschiedenen Frauen passt. Ein Wickelrock passt sich leicht an verschiedene Figuren an und so konnte ich viele verschiedene Besucherinnen begrüßen. Ich habe ihnen allen die selben 5 Fragen gestellt, damit ihr sie ein klein wenig kennenlernen könnt (Interview immer unter dem Bild).

Viel Spaß dabei!

Melanie

  1. Beschreibe deinen Kleidungsstil in einem Satz oder 3 Adjektiven                                                              Feminin, alltagstauglich, dem Anlass entsprechend. 
  2. Was würdest du nie im Leben anziehen?                                                                                        Unbequeme Sachen und Kleidung, in der ich mich nicht wohl fühle.
  3. Gibt es ein Kleidungsstück, das dein all time favorite ist?                                                                       Meine Westen, von denen ich diverse Ausführungen habe.
  4. Was machst du beruflich?                                                                                                                                                     Werbung
  5. Was war die letzte Geschichte, die dich richtig berührt hat?                                                                  Die aktuelle Flüchtlingssituation. Wenn Flüchtlinge ein Gesicht bekommen und in den Klassen der eigenen Kinder sitzen, die Sprache nicht verstehen und keine Arbeitsutensilien haben (Klebestift, Schere, Sportkleidung), um am allgemeinen Unterricht teilzunehmen. Dinge, die für uns vollkommen normal sind.
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1. Beschreibe deinen Kleidungsstil in einem Satz oder 3 Adjektiven
College, Hooligan, bequem
2. Was würdest du nie im Leben anziehen? 
Umschnalldildo, Pelz
3. Gibt es ein Kleidungsstück, das dein all time favorite ist? 
Cap
4. Was machst du beruflich?
Synchronredaktion
5. Was war die letzte Geschichte, die dich richtig berührt hat?
Der 80jährige Arsenal Fußballfan, der auf dem Weg zu einem Spiel, im Sturm umgekommen ist.
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1. Beschreibe deinen Kleidungsstil in einem Satz oder 3 Adjektiven
– meistens leger, manchmal ein bisschen nostalgisch
– gerne Second Hand, selten „trendy“
– nicht mehr als ein Hingucker
– kein Schmuck
– Schuhe sind wichtig!
2. Was würdest du nie im Leben anziehen? 
Korsage ohne Träger
3. Gibt es ein Kleidungsstück, das dein all time favorite ist? 
Jeans kommt bei mir wohl nie aus der Mode
4. Was machst du beruflich?
Kostümanfertigungen für Theater, Film und Fernsehen (Atelier Katrin Bobek) und Folk Musik (The Moonband)
5. Was war die letzte Geschichte, die dich richtig berührt hat?                                         
Mich berühren viele Berichte in den letzten Monaten über erschöpfte, frierende, verängstigte und kranke Menschen auf der Flucht, aber auch die über den selbstlosen Einsatz von Helfern.
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1. Beschreibe deinen Kleidungsstil in einem Satz oder 3 Adjektiven            
 Eine Kombination aus Vintage, lässig und modern.
2. Was würdest du nie im Leben anziehen? 
Ugg boots/ Croqs
3. Gibt es ein Kleidungsstück, das dein all time favorite ist? 
Jeans
4. Was machst du beruflich?
Synchronredaktion
5. Was war die letzte Geschichte, die dich richtig berührt hat?  
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1. Beschreibe deinen Kleidungsstil in einem Satz oder 3 Adjektiven                       
    individuell, feminin, entspannt
2. Was würdest du nie im Leben anziehen? 
Kleidung von Primark
3. Gibt es ein Kleidungsstück, das dein all time favorite ist? 
Meine Strickjacke aus Island
4. Was machst du beruflich?
Modedesignerin
5. Was war die letzte Geschichte, die dich richtig berührt hat?                                                                         
   Film: Victoria  

Anjas neuer alter Lieblings-Wintermantel

Vor einiger Zeit habe ich Euch Anja von all days are green vorgestellt. Und das hatte ganz erfreuliche Folgen! Sie hat mich nämlich gleich kontaktiert und wollte mit mir etwas aushecken. Bei sowas bin ich natürlich immer gerne dabei!

Anja schickte mir zwei Wintermäntel, wovon der eine ihr Lieblingsmantel ist, mit dem sie viel erlebt hat und der andere ein eher ungeliebter, selten getragener Mantel war.IMG_20151002_110042IMG_20151002_110809       IMG_20151030_130932

Ihre einzige Vorgabe war, dass sie gerne einen egg-shape Mantel hätte, alles andere überließ sie mir. Das ist doch mal eine Herausforderung, der ich mich gerne gestellt habe!  Darüber hinaus hat sie den Spieß umgedreht und mir ein paar Fragen zu meinem Blog und zu Upcycling gestellt.

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Mehr Fotos zum Entstehungsprozess des Mantels und das Interview mit mir findet ihr hier auf Anjas Blog, viel Spaß beim Lesen und ein großes Dankeschön an Anja für diese tolle Kooperation!

Ich habe mir natürlich ein Gegeninterview mit Anja gewünscht, da ich jetzt mal genauer wissen wollte, wer die Besitzerin des Mantels ist und wer hinter dem schönen Blog steht. Bitte schön:

Stelle dich bitte kurz vor: Wer bist du und was machst du?

Mein Name ist Anja Tulpa-Posch, lebe in Braunschweig mit meinem Mann und meiner Tochter und ich habe im Mai 2015 den Blog alldaysaregreen.com veröffentlicht. Das ist ein Blog zum Thema Nachhaltigkeit – ich stelle grüne Labels vor, vorrangig in den Bereichen Mode, Interior Design und bald auch Kosmetik. Außerdem gebe ich Tipps, wie man selbst seinen Alltag nachhaltiger gestalten kann und versuche mit der Kategorie „Grünes Lexikon“ etwas Transparenz in den Label-Dschungel zu bringen.

Erzähle von den zwei Mäntel: wo und wann hast du sie gekauft? Hast du sie oft getragen? 

Also, der schwarz-weiß melierte Mantel ist mein absoluter Lieblingsmantel. Gekauft habe ich ihn während eines Urlaubs in Los Angeles, Kalifornien, vor etwas weniger als 10 Jahren. Der Mantel hat schon ganz viel mit mir erlebt und auch viel abbekommen – wie zum Beispiel eine Menge Senf um 4 Uhr früh beim Wiener Würstelstand an der Urania (übrigens einer der besten Würstelstände Wiens) ☺

Den schwarzen Mantel habe ich für Business-Zwecke gekauft. Das war ein sehr seriöser Mantel, ich hab ihn in den letzten Jahren aber sehr wenig getragen, weil er nicht mehr so zu mir gepasst hat.

Warum wolltest du sie aussortieren?

Also aussortieren wollte ich nur den schwarzen Mantel, eben weil er nicht mehr so meinem Stil entsprach. Den schwarz-weißen Mantel würde ich nie weggeben, weil ich wirklich an ihm hänge, allerdings war die Form schon nicht mehr so aktuell und man hat ihm sein Alter schon langsam angesehen. Deswegen fand ich die Idee, aus diesem Mantel etwas Neues machen zu können, grandios.

Gibt es ein besonderes Ereignis/Lebensabschnitt, das/den du mit den Mänteln verbindest?

Der schwarze Mantel steht für eine Zeit, in der ich beruflich sehr viel unterwegs war, aber in dem ich auch sehr oft eine Rolle spielen musste und nicht so sehr ich selbst war.

Den schwarz-weißen Mantel verbinde ich mit meiner Studienzeit, meiner ersten Arbeits-Erfahrung, aber der steht auch für das Reisen, das ich so sehr liebe, für die Eindrücke, die man während des Reisens sammelt, für Weltoffenheit und Toleranz ☺ – ja ich sag’s ja, dieser Mantel hat es in sich ☺

Skizziere kurz Deinen beruflichen Werdegang. Welches war deine wichtigste Station? 

Ich habe in Wien Internationale Wirtschaftswissenschaften studiert und habe dann für unterschiedliche Konzerne im Marketing gearbeitet. Allerdings hat es mich vor etwa 4 Jahren privat nach Barcelona gezogen, wo ich wegen der Krise und mangels Katalan-Kenntnisse keine Stelle finden konnte. Also habe ich dann nach einer Intensiv-Ausbildung Englisch und Deutsch unterrichtet und an einem Yoga Teacher Training teilgenommen.

Barcelona war zwar beruflich gesehen die Station mit der größten beruflichen Niederlage, aber gleichzeitig auch eine für mich sehr wichtige Entwicklungs-Station – ich musste lernen, mich nicht mehr durch Arbeit zu definieren, da ich quasi von 1 Tag auf dem anderen arbeitslos war und erstmal keinen beruflichen Alltag mehr hatte. Außerdem kam dort meine Tochter auf die Welt und so musste ich mich grundsätzlich damit auseinander setzen, wer ich eigentlich bin, wie ich mir meine berufliche Zukunft vorstelle bzw. in welchem Feld.

Du bloggst zum Thema Nachhaltigkeit – wie bist du zu diesem Thema gekommen? Gab es eine Initialzündung?

Eine richtige Initialzündung gab es nicht – ich beschäftige mich schon lange mit dem Thema, allerdings nicht so intensiv wie jetzt. Ich habe lange überlegt, in welcher Art und Weise ich mit dem Thema eine berufliche Zukunft aufbauen kann. Und so habe ich im Mai diesen Jahres das Blog alldaysaregreen.com ins Leben gerufen.

Was oder wer inspiriert dich? 

Eigentlich alles, was mich umgibt: Meine Familie und Freunde, fremde Länder und Kulturen, aber auch das Netz- ich recherchiere sehr viel. Ich nehme viel mit von verschiedenen Yoga-Lehrern, die ich bisher kennen gelernt habe und deren Blogs ich verfolge, wie bspw. kaerlighed.de

Aber ich bin auch inspiriert von Menschen, die einfach tun und machen, etwas auf die Beine stellen – von diesen Menschen kann man sehr viel lernen!

Hast du Lesetipps zu deinem Thema neben deinem Blog?

Blogs bzw. Seiten, die ich inspirierend finde bzw. auf denen ich schmökere:

http://www.green-friday.de,

http://www.nicetohavemag.de

https://www.gatherandsee.com

http://www.sundaytracker.com

Was sind deine Pläne in der nächsten Zukunft? 

1000 Follower auf Facebook ☺, den Blog zu promoten, das Thema Nachhaltigkeit voran zu bringen, Menschen zu inspirieren und zu motivieren, nicht nur über Nachhaltigkeit zu sprechen, sondern auch zu handeln ☺

Nachhaltige Mode

Meine Leidenschaft aus etwas Altem etwas Neues zu machen entspringt nicht nur einer gewissen Konsumverweigerung, sondern auch dem Wunsch nachhaltiger zu leben. Schnelle Trends waren noch nie etwas für mich, das heißt ich versuche  Sachen zu kaufen, die ich über mehrere Jahre hinweg anziehen kann. Die Betonung liegt auf versuchen: Ich schaffe das leider auch nicht so konsequent, wie ich mir das wünsche. Allzu oft werde ich auch in Versuchung geführt doch ein Trendteil haben zu wollen…

Gebrauchsgegenstände wie Kleidung nutzen sich zwar ab oder entsprechen nicht mehr dem modischen Geschmack, aber wenn das Material gut genug ist, dann birgt es mindestens noch ein weiteres Leben in sich. Auf diese Weise werden Ressourcen geschont, das heißt um ein neues Kleidungsstück herzustellen, muss ich nicht einen Stoffhändler finden, der mir qualitativ hochwertigen, aber neu hergestellten Stoff verkauft, sondern ich verwende was sowieso schon da ist. Dass genug da ist, belegen diese Zahlen:

„Jährlich sortieren Haushalte in Deutschland mehr als 1,5 Milliarden Textilien aus – dies sind pro Person mehr als 12 Kleidungsstücke. Insgesamt werden 750.000 Tonnen Altkleider der Wiederverwertung zugeführt, das entspricht dem Inhalt von 60.000 LKW-Ladungen (…).“  (Quelle: Abfallwirtschaftsbetrieb München)

Ich rechne jetzt lieber mal nicht aus, wie viele neue Kleidungsstücke daraus hätten entstehen könnten!

Meine Hoffnung ist, dass sich irgendwann die Mentalität des schnellen Konsums wendet zum langsamen und bewussten Konsum. Dass heißt lieber ein tolles Kleid, das vielleicht etwas mehr gekostet hat, als 10 billige Kleider, die unter schrecklichen Umständen für Mensch und Natur hergestellt wurden.

Falls ihr also auf der Suche seid nach Mode-Labels, die nachhaltig, fair und trotzdem schick produzieren, kann ich Euch diesen Blog empfehlen:  Every day is a green day! Anja Tulpe-Posch stellt hier Mode-Labels vor, die fair und nachhaltig produzieren. Mein Traum ist es, auch irgendwann in diese Kategorie zu passen, aber da muss ich noch ein bisschen daran arbeiten… Außerdem gibt es unter anderem auch eine Kategorie „Eco City Trips“, in der bisher Barcelona zu finden ist. Darin gibt sie Tipps, wo man die besten Geschäfte für faire Mode finden kann, aber auch wo man das leckerste Eis der Stadt kaufen kann.

Sehr sympathisch das alles und vor allem lesenswert!

Kleine Umfrage

Ich bin frisch zurück aus dem Urlaub und mein Hirn ist vollgepackt mit Ideen! Ich bin über französische Flohmärkte geschlendert und habe dicke eingekauft…

Leider kann ich Euch heute aber noch kein neues Stück präsentieren, sondern ich habe eine Bitte an Euch: Bitte macht doch bei meiner Umfrage mit, es sind nur 10 Fragen, die in ca. 5 Minuten beantwortet sind.

Hier gehts lang:  Umfrage storyofmyshirt

Ich danke Euch sehr herzlich und melde mich bald mit Neuigkeiten!

Summer-Punk-Business-Lady

Wir urlauben nun ja schon seit 3 Wochen hier in Südfrankreich und bevor wir losgefahren sind, habe ich natürlich etwas vorbereitet. Und etwas gewonnen!! Ich, die nie irgend etwas gewinnt! So hat der Urlaub schon sehr schön angefangen, neben der allgemeinen Wunderbarheit von Südfrankreich natürlich.

Tanya Neufeldt hat auf ihrem Blog Lucie Marshall ein tolles Urlaubspaket verlost mit lauter schönen Dingen darin: Ihr Buch „Auf Highheels in den Kreissaal“, das ich jetzt fast schon ausgelesen habe, drei Nagellacke von treat in verschiedenen Blautönen, ein Hammer-Tuch von Soccx und ein T-Shirt von Wellicious.

Zwischen den Urlaubsvorbereitungen habe ich unter Hochdruck noch ein neues Kleid aus einem einfachen, weißen Männeroberhemd gemacht, das ich Fr. Baier aus der Reinigung abgekauft hatte. Das ganze Interview mit Frau Baier könnt ihr hier nachlesen! Und wie es der Zufall so will, passt mein Gewinn PERFEKT zu meinem neuen Kleid. Aber seht selbst!

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Die Idee mit dem Turban habe ich übrigens von der Soccx Seite geklaut. Es gibt dort ein Tutorial, wie man den Turban mit einem Dreieckstuch binden kann. Ich habe es zwar ein klein wenig anders gebunden, aber es gefällt mir ganz gut so.

Wie gefällt Euch das Outfit? Würdet ihr es in die Arbeit anziehen?

Oma Therese’s Welt

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Heute möchte ich gerne ein Projekt zeigen, das ich nicht für mich, sondern für jemand anderen gemacht habe.

Als ich das erste Mal Julias Wohnung betrat, fiel mir sofort ein unglaublich tolles, gerahmtes Foto auf. Eine schwarz-weiß Fotografie, ungefähr aus den 40er Jahren, von einer Dame im Strandkorb. Ich dachte immer, dass das ein Bild aus einem Fotografie-Bildband oder ein Foto einer Schauspielerin sei. Bis ich nun erfahren habe, dass diese schöne und glamouröse Dame Julias Oma Therese ist! Und über diese Dame gibt es einiges zu erzählen…
Liegestuhl

Julia jetzt erzähle doch mal, die Jeansbluse, die ich verarbeitet habe, hat dir Deine Oma geschenkt. Das war eine van Laack Bluse, die sehr teuer sind. War dir das bewusst?

Ja, schon. Meine Großmutter hatte bis sie ca. 90 Jahre alt war eine Modeboutique für besser gestellte, ältere Damen, in der sie hochwertige Klamotten verkauft hat, also Kaschmirpullis und Sachen von Escada und van Laack usw.

Hat sie diese Kleidung als Statussymbol gesehen?

Nicht wirklich, meine Oma war nie insofern auf Statussymbole aus, als dass sie eine Markenhandtasche getragen hätte mit einem fetten Label Emblem darauf. Es war ihr auch nicht wichtig, einem neuen Trend zu folgen, wichtig war ihr eine sehr, sehr gute Qualität zu haben, hochwertig gearbeitete Sachen und gute Stoffe, dass man wusste, wo es herkommt und gut verarbeitet war. Meine Oma hat ihre Kleidung oft über 30 Jahre getragen und die sahen wirklich noch aus wie neu. Also etwas, das ich kaum schaffen würde.

Dadurch hatte Sie wahrscheinlich auch ihren ganz eigenen, einzigartigen Stil nehme ich an?

Ja klar, dadurch dass sie die Kleidung so lange getragen hat, hatte sie einen ganz einheitlichen bzw. kontinuierlichen Stil. Was sie meistens trug, war so ein längerer Bundfaltenrock, aber auch mal etwas Schickeres aus Tweed oder einem feineren Stoff und dazu eine Bluse. Sie hat aber zum Beispiel fast nie Kleider getragen und Hosen…das war nur was für den Urlaub!

Und die Jeansbluse, aus der ich jetzt den Rock gemacht habe, kam die aus der Boutique oder hat sie die selbst getragen?

Nein, die kam aus der Boutique, die hat sie mal für mich gekauft und meinte, das wäre doch mal was „junges und frisches“ für mich, weil sie aus Jeansstoff war. Eben etwas Legereres, aber doch etwas, das ihren Qualitätsansprüchen gerecht wurde. Aber ich habe die Bluse vielleicht ein oder zweimal getragen, weil ich mich darin nie wohl gefühlt habe.  Das hat sich immer so angefühlt als wolle sie mich einkleiden, was sie gerne mit allen getan hat. Und ich wollte wiederum lieber meinem eigenen Stil treu bleiben. Ich glaube, ich war 14 oder 15, als sie mir diese Bluse geschenkt hat, also ich habe diese Bluse schon Ewigkeiten! Ich habe sie immer mit rumgeschleppt, habe mich gleichzeitig aber auch nie getraut sie wegzugeben, weil das ja die „gute Bluse“ von Oma war! Ich dachte, vielleicht kommt das noch, dass ich mich irgendwann darin wohlfühlen würde und ich müsste nur „erwachsen“ werden. Aber ich glaube, viel erwachsener als ich jetzt bin, werde ich auch nicht mehr. Es war einfach immer ein gewisser Widerwille da, mich von meiner Oma, so gerne ich sie auch mag, mit ihren van Laack Blüschen einkleiden zu lassen…

Aber jetzt lebt die Bluse ja weiter, nur in etwas anderer Form!

Genau das war das Ziel, denn so wie sie jetzt ist, ziehe ich die Bluse gern an, weil du sie eben in einen neuen Kontext gesetzt hast. Es ist etwas Neues daraus geworden, was viel mehr ich bin, als diese Bluse je war!

Lebt Deine Oma noch? Und wie lange hat sie diese Boutique betrieben?

Also meine Oma ist jetzt 103 und sie hat in der Boutique gearbeitet bis sie fast 90 war. Sie hat das Geschäft nach dem Krieg mit ihrer Schwester zusammen im Ruhrgebiet aufgebaut und hat damit auch recht gut verdient. Anfangs war das eher so ein Reparaturladen für Nylonstrümpfe. Damals war das ja nicht so, dass man sich bei dm einfach neue Strümpfe kauft, wenn die alten eine Laufmasche hatten, sondern die mussten geflickt werden. Aus diesem anfänglichen Strumpfreparatur-Service ist dann das Geschäft gewachsen. Sie stand jeden Tag selbst im Laden und hat Kundinnen beraten und hat auch immer ganz liebevoll die Schaufenster dekoriert.
Schrank

Erzähl doch mal von dem unglaublich schönen Foto, das da gerahmt in deiner Wohnung steht.

Das ist ein Urlaubsfoto, meine Oma ist zwar viel in der Welt herumgereist, aber am liebsten hat sie Urlaub an der Nordsee gemacht. Und wenn wir zusammen im Urlaub waren, wurde immer ein Strandkorb gemietet. Ich weiß leider gar nicht, wie alt sie auf dem Foto war, aber ich vermute so zwischen 20 und 30.

…ein sehr glamouröses Foto!

Ja, meine Oma ist gerne in guten Hotels abgestiegen, immer Taxi gefahren und hat sich nie die Haare selbst gemacht, sondern ist immer zum Friseur gegangen. Es war alles immer picobello bei ihr: Die Haare lagen richtig, die Kleidung saß, es sah alles immer aus, als wäre es frisch gebügelt, sie war wie aus dem Ei gepellt! Sie war aber dabei auch eine sehr belesene, intelligente und unabhängige Frau, was ich immer bewundert habe. Ihr Mann ist sehr früh gestorben und danach hat sie nie wieder geheiratet, auch wenn sie mit ihren Verehrern gern mal geflirtet hat.

Und das gestreifte Kleid, das du mir zur Verarbeitung gegeben hast, was hatte es damit auf sich?

Ja das war so ein H&M Kleid, das ich auch nur ein oder zweimal an hatte. Ich mochte die Streifen und das war so ein Hemdkleid, aber das saß irgendwie nie richtig und knitterte sofort. Aber auch davon konnte ich mich nicht trennen.

Was meinst du würde deine Oma zu dem Rock sagen?

Ich bin mir sicher, dass er ihr gefallen würde. Sie sieht nur leider nicht mehr so gut, daher würde sie ihn erst mal anfassen, um zu erfühlen, ob es ein guter Stoff ist – was er ja ist. Vielleicht ist sie aber auch ein bisschen empört, dass du die gute Bluse zerschnitten hast. Und  irgendwie, ist es ja auch eine kleine Revolte… aber ich glaube da kann sie drüber hinwegsehen und dass sie ihn, wie ich, toll finden wird… vom Stil her, der Farbkombination und vom Schnitt –  er sitzt ja auch einfach verdammt gut!