Ja was ist denn das? Ein schöner Mann mit einer schönen Mütze in einer schönen Landschaft. Der Mann ist meiner (yay!) und auf seinem Kopf tront meine neueste Leidenschaft: die Schiebermütze! Ich habe sie aus dieser Anzugsjacke gemacht, die ich bei einer Hausauflösung mitgenommen habe.
Und wie ich an diese Jacke gekommen bin, das war so…
Durch einen Zufall habe ich von einer Hausauflösung in der Nähe erfahren und musste natürlich sofort dort hin. Gleich am nächsten Morgen setzte ich mich ins Auto, um mich mit Katrin zu treffen, die mich durch das Einfamilienhaus führte und mir alle Sachen zeigte, die zu haben waren. Es war ein wahrscheinlich in den 70er Jahren gebautes Haus, viele braune Fliesen und Eichenschränke. Ich kam an und es herrschte völliges Chaos, das Katrin, eine Helferin aus der Nachbarschaft, innerhalb von 3 Wochen bezwingen musste. Denn dann sollte das Haus wieder neu vermietet werden.
Der Besitz eines ganzen Lebens
Ich fühlte mich sofort wie ein Eindringling. Der alte Mann, der hier vorher noch gelebt hat, war ins Altenheim gezogen und hat den Besitz seines ganzen Lebens hinter sich gelassen. Und nicht nur den, auch die Sachen seiner Frau und die seiner Kinder. Ich wurde ein bisschen traurig. Besonders als mir Katrin sagte, dass sie alles wegwerfen muss, was nicht mitgenommen wird. Die Erinnerungen eines ganzen Lebens werden einfach so auf den Müll geworfen. Ich wanderte durch die Zimmer, bis ich im ersten Stock in die Schlafzimmer kam, in denen die gesamte Kleidung, sowie Bettwäsche und Tischwäsche, ausgebreitet auf dem Boden lag. Fein säuberliche Stapel mit hauptsächlich in Blautönen gehaltenen Herrenhemden, stapelweise Pullover und Anzugshosen. Daneben ein Berg mit Damenbekleidung, Kleider, Röcke und Blusen einer alten Dame. Dazwischen fand ich immer wieder einmal original verpackte Strumpfhosen aus den 60ern oder auch original verpackte Hemden, die neu gekauft offensichtlich im Schrank vergessen wurden. Ich tauchte ein in die Materialmassen und nahm alles mit, was in mein Auto passte. Hemden, Jacken, Kleider, Hosen, Röcke und auch Bettwäsche.
Erinnerungen und Geheimnisse
Zwischendurch versuchte ich aus Katrin ein bisschen heraus zu kitzeln, wer denn der Mann gewesen ist. Sie war sehr zurückhaltend und wollte nicht wirklich über ihn sprechen. Sie erzählte mir, dass sie seit ca. 5 Jahren in der Nachbarschaft wohnt und sie ihn immer alleine am Fenster stehen sah. Sie wusste, dass er Zeit seines Lebens als „Bierkutscher“ bei Spatenbräu in München gearbeitet hat. Das erklärte, warum die Küche vollgestellt war mit alten, steinernen Bierkrügen von Spatenbräu. Dann erzählte sie mir noch, dass man bei Spatenbräu wohl blaue Hemden zur Arbeit tragen musste. Ich konnte noch herausfinden, dass er Johann und seine Frau Anna hieß. Johann ist ungefähr 75 Jahre alt.
Nachforschungen dauern an
Ich fuhr also nach Hause mit dem Auto bis oben hin vollgeladen und ab diesem Zeitpunkt ließ mich Johann nicht mehr los. Wer war er? Wie hat er sein Leben gelebt? Wer war seine Frau? Ich begann mir anhand seiner Kleidung und der Einrichtung des Hauses verschiedene Lebensszenen vorzustellen. Nach einiger Zeit ertappte ich mich aber dabei, wie ich aus diesem mir unbekannten Menschen eine verklärte Version erstellte und einfach alles mögliche ausblendete. In meiner Version gibt es nur Positives, was in einem Menschenleben ja definitiv unmöglich ist. Jeder muss Erfahrungen machen, die weh tun, nerven oder einfach nur ärgerlich sind. Aber auch nicht jeder Mensch ist nett. Auch wenn ich es mir wünschen würde.
Also versuchte ich doch noch in Kontakt mit Johanns Sohn zu kommen. Katrin erklärte sich bereit, meine email weiterzuleiten.
Ich hoffe nun also, dass Johanns Sohn Lust hat, ein bisschen über seinen Vater zu plaudern, und es mir so möglich macht, ihn zumindest ein klein wenig genauer kennenzulernen. Bis dahin kann ich leider nur erzählen, wie ich diese Hausauflösung erlebt habe, denn mehr weiß ich nicht über Johann und Anna.