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story #4 Timmy

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Foto: Julia Richter (www.apersonalstyle.com)

Warum hast du dieses Kleidungsstück für das Porträt ausgewählt, was macht es so besonders für Dich?

Ich habe mir diese schwarze Jeans ausgesucht, obwohl ich eigentlich andere, ausgefallenere Kleidungsstücke habe, die mir noch viel besser gefallen. Die Hose trage ich auch gar nicht mehr, aber sie bedeutet mir halt viel, weil ich sie getragen habe zu der Zeit als ich bei „The Voice of Germany Kids“ mitgemacht habe. Ich hatte sie bei den Blind Auditions an und da war es mir sehr wichtig, was ich anhatte. Das war mein allererster Fernsehauftritt, so viele Leute sehen dich und daher ist die Hose allein deswegen schon etwas Besonderes für mich. Ich habe mich in der Hose einfach am wohlsten gefühlt, ich war sehr wählerisch, als ich das Outfit ausgesucht habe. Bei Hosen tue ich mir auch immer schwer etwas Gutes zu finden. Die Hose hatte am Anfang nur so ein kleines Loch und dann habe ich da ein bisschen mitgeholfen und herumgeschnipselt, dass die so aufgerissen ist… Ich mochte die Hose damals auch so gerne, weil die so eng geschnitten war. Das mag ich jetzt gar nicht mehr so, aber das war damals eine meiner ersten skinny jeans.

Wann und wo hast du das ausgewählte Kleidungsstück gekauft?

Da war ich wahrscheinlich so 13 oder 14, ich bin mit meinen zwei besten Freundinnen in die Stadt gegangen und wir haben ein bisschen geguckt. Die meinten dann: „Zieh doch mal bisschen engere Hosen an!“ Ich hatte bis dahin immer noch so breitere Hosen an und habe dann aber angefangen so meine eigenen Styles zu kreieren.

Die ersten Fotos für Julia hast du auch schon mit 13 gemacht. Du wirst wahrscheinlich dauernd auf Deinen Style angesprochen, oder?

Klar, gerade nach The Voice kam das schon häufig vor. Aber eher hier in München, in Berlin kommt das nicht so vor. Ich will nach der Schule auch unbedingt weg, nach Berlin oder London, weil ich schon das Gefühl habe, dass ich mich dort künstlerisch besser verwirklichen kann als hier. München bleibt natürlich immer meine Heimat, beste Stadt!

Was wolltest Du mit dem Outfit ausdrücken?

Also etwas bestimmtes ausdrücken wollte ich so direkt nicht, aber es war mir wichtig bestimmte Facetten zu zeigen. Ich hatte eben diese zerrissene Hose an und habe sie mit einer Fliege kombiniert. Diesen Gegensatz fand ich ganz gut, also die Fliege die eigentlich eher edlere Menschen tragen und die Hose, die ich mit so einem New-York-Underground Style verbinde. Dazu hatte ich noch einen Hoody von meinem Vater an und weinrote DocMartens. Die Kombi fand ich cool. Ich habe, glaube ich, in der Sendung auch mal gesagt, dass mein Style ein Mix aus Punk, Hipster und Vintage ist.

Beschäftigst Du dich denn auch mit der Zeit aus der die Vintage-Mode kommt? 

Hm, also das ist so ein Thema, denn als ich das in der Sendung gesagt habe, haben mich Leute online angeschrieben und gesagt: „Bitte nenn dich nicht Punk, denn du hast keine Ahnung!“ Also ich befasse mich nicht mit jeder Epoche, aber mich interessiert halt die Londoner Szene und da gehört Punk einfach mit dazu. Aber ich habe schon bemerkt, dass die Punks sehr sensibel sind…

Woher kommt denn dein Interesse für Kleidung und Mode? Hast Du da irgendwelche Vorbilder?

Also angefangen hat das alles tatsächlich mit Tokio Hotel, als die ihr erstes Album 2006 herausgebracht haben. Ich habe Bill Kaulitz gesehen und war wirklich einer der krassesten Fans, ich hatte absolut alles von Tokio Hotel: von der Bettwäsche, Poster, über Kissen, alles. Der Bill war damals immer krass geschminkt, das war jetzt nicht so meins dieses Emo-Zeug, aber ich fand es so cool, dass er einfach das gemacht hat, worauf er Bock hat.

Und er hat mir die Augen geöffnet, dass man einfach sein muss und sein darf, wie man ist.

Ich habe da bei mir selbst aber nicht so drüber nachgedacht, sondern das hat sich so entwickelt und ist einfach so aus mir heraus gekommen. Aber er war definitiv eine große Inspiration und Ikone für mich.

Irgendwann hat das aber dann auch aufgehört und ich vertraue inzwischen immer mehr meinem eigenen Gefühl und Geschmack. Ich finde es aber immer noch cool, einfach das zu machen worauf man Bock hat und nicht nur mitzulaufen. Es nervt mich schon auch, wenn mich Leute wegen meines Styles kritisieren und zwei Jahre später laufen sie auch so rum, weil es halt Mainstream geworden ist. Ich finde, man merkt das auch ganz schnell, wenn Leute irgendwas machen, dass nicht aus ihnen selbst herauskommt. Unauthentisch zu sein finde ich schrecklich.

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Foto: Julia Richter (www.apersonalstyle.com)

Wo kaufst du dann deine Sachen?

Ganz unterschiedlich, die Vintage Sachen finde ich auf Flohmärkten oder viel bei Pick’n’Weight, das ist zwar nicht ganz billig, aber die haben definitiv den stuff, den ich gut finde. Super Laden. Und dann kaufe ich schon auch bei Zara oder auch mal bei H&M, so Basics oder man findet im hintersten Regal einen Pulli, den man gut anziehen kann.

Ich habe in einem Interview mit dir gelesen, dass du auch nähst. Ist das etwas, das du dir auch beruflich vorstellen kannst – Mode, Styling, Design?

Also das habe ich früher mehr gemacht. Inzwischen ist die Musik eigentlich das, was ich wirklich machen möchte. Ich produziere ja auch Songs mit meinem Produzenten und Songwriter und das ist mir sehr wichtig. Aber ich will das Nähen auch wieder in Angriff nehmen, in meinem Zimmer steht die Nähmaschine und ist ganz verstaubt. Aber ich muss auch zugeben, dass mir dafür auch ein bisschen die Geduld fehlt. Ich habe schon öfter Praktika bei Schneidern gemacht und musste feststellen, dass ich nicht so gut darin bin mir Kleidung dreidimensional vorzustellen. Die Schnitte und das Umsetzen ist ja ganz schön kompliziert! Ich habe da auch echt Respekt davor, wenn jemand ein Kleidungsstück von Anfang bis Ende selbst herstellt. Aber für mich ist das als Beruf wohl eher nichts.

Aber es macht mir zum Beispiel schon Spaß meinen Freunden Sachen vorzuschlagen, was sie anziehen könnten. Aber da muss man auch aufpassen, dass man die nicht zu sehr verändert und das dann nicht mehr zu ihnen passt.

Du bist inzwischen ja selbst Vorbild für deine Fans und hast viele Follower auf Instagram, die dich ja richtig anhimmeln. Wie ist das für dich?

Es ist schon Wahnsinn. Manchmal denke ich mir, womit habe ich das eigentlich verdient?! Es ist schon toll, dass man aus dem Internet so viel Liebe und Komplimente bekommt und man hört, dass man super ist. Aber es beängstigt mich manchmal auch, wenn Leute mir schreiben „I love you – Ich kann ohne dich nicht leben – wann treffen wir uns?“ Wenn ich dann nicht zurückschreibe, dann kommt: „mein Tag ist gelaufen, warum tust du mir das an?“ und da fühle ich mich dann verantwortlich. Das überfordert mich auch, weil ich natürlich nicht will, dass jemand wegen mir traurig ist, weil ich nicht zurückgeschrieben habe. Es gibt halt auch Leute, die nicht so stabil sind.

Aber auch andersherum, im Internet haben manche Leute ein großes Maul und schreiben echt fiese Sachen. Zwei Teilnehmer aus einer anderen Staffel von The Voice haben sogar Morddrohungen bekommen. Mein Bild hat mal jemand auf 9gag verwendet und die Kommentare darunter waren echt krass. So in dem Stil: „Tötet ihn bevor er Eier legt, kill it with fire…“ echt schlimm. Aber ich versuch das mit Humor zu nehmen, manchmal ist es auch echt witzig, aber damals als ich da auf 9gag von 100.000 Leuten in den Kommentaren beleidigt wurde, war das schon fies.

Aber im Großen und Ganzen macht es mir Spaß Fotos zu machen und andere mit meinem Style zu inspirieren. Mich freut es dann auch immer sehr, wenn mir Leute schreiben, dass sie durch mich auf neue Ideen gekommen sind.

Als ich Julia Richters Blog „a personal style“ entdeckte, war Timmy sofort einer meiner Lieblingsporträtierten. Die Geschichte wie ich Julia kennenlernte, könnt ihr hier nochmal nachlesen. Als ich Timmy persönlich kennengelernt habe, hat er mich mit seiner sanften Art und seiner Suche nach dem Ungewöhnlichen vollkommen verzaubert. Tim war 2013 Finalist in der Casting-Show „The Voice Kids„, da war er 14 Jahre alt. Seitdem veröffentlicht Timmy unter dem Namen Tim Acid seine eigenen Songs.

 Timmys ganzes Outfit und noch mehr coole Fotos von ihm könnt ihr HIER bei Julia sehen. Checkt unbedingt auch mal Timmys Instagram Account!

english version

Why did you choose this piece of clothing for the portrait, why is it so special to you?

I chose this black pair of jeans even though I have so many other more eccentric pieces which I like a lot more. I don’t even wear these jeans anymore but they mean a lot to me because I wore them while I was on „The Voice of Germany“. I wore them for the blind auditions and I cared a lot about what to wear for that. It was my very first TV appearance, so lots of people were watching and that alone made this pair of jeans so special to me. I felt really comfortable in them, I was very picky when I chose my outfit for the show. It’s hard for me to find good pants. First the trousers had a tiny little hole and then I helped a little and snipped a little here and there so that they ripped like that… I also really liked the pants back then because they were cut so tightly. I don’t like that too much anymore but back in the day those pants were my first pair of skinny jeans.

When and where did you buy the pants?

I must have been 13 or 14, I went to town with my two best girlfriends and we went window-shopping a bit. They said to me: „Why don’t you wear your jeans a bit tighter?“ Until then I only wore looser pants and after that I began to create my own styles.

You did your first photoshoots with Julia Richter of a personal style aged 13. You probably get those questions about your unique style a lot, don’t you?

Sure, especially after The Voice. But mainly here in Munich, I don’t get that so much in Berlin. I really want to leave Munich when I finish school. I want to go to Berlin or London because I have the feeling that I can express myself better artistically. Munich will always be my hometown though, best city!

Did you want to express something with your outfit?

No I didn’t want to express something specific, but I wanted to show certain facets. I had these ripped jeans and combined them with a bow-tie. I liked the controversy, meaning that only posh people wear bow-ties and I linked the pants with a New-York-underground-style. I also wore my dad’s hoody and dark red Doc Martens. I loved the combination. I think I even said on the show that my style is a mix between punk, hipster and vintage.

Are you interested in the times your vintage clothing comes from?

Hm that’s a touchy topic because when I said that on TV, people wrote to me saying: „Please don’t call yourself a punk, because you have no idea what that is!“ So, I don’t study every era but I’m very interested in the London underground culture and punk is a vital part of that. But I realize that punks are very sensitive…

Where does your interest in clothes and fashion come from? Do you have any role models?

It all really started with Tokio Hotel when they brought out their first album in 2006. I saw Bill Kaulitz and immediately became one of the biggest fans ever, I had absolutely everything from Tokio Hotel: bed linen, posters, cushions, absolutely everything. Bill used a lot of make-up back then, which wasn’t really for me, but I just thought it was so cool that he just did whatever he wanted. He opened my eyes to the fact that you need to be and are allowed to be just like you are. I didn’t really think about it too much though, for me it just developed naturally and it came out of me just like that. But he was definitely a big inspiration and an icon for me.

At some stage the ultra-fandom slowly stopped and started to trust my own feeling and taste more and more. I still think it’s cool to just do whatever you like and not only do what everybody else is doing. I get really annoyed as well when people criticize me or my style and two years later they wear exactly the same stuff because it became mainstream in the meanwhile. I think you can tell very quickly if people are doing things that are not coming from inside themselves. I think being unauthentic is awful.

Where do you buy your clothes?

That differs, the vintage stuff I find at flea markets or a lot at Pick’n’Weigh, the shop is not exactly cheap but I definitely find the stuff I like. Brilliant shop. And then I do buy at Zara or occasionally at H&M. You can find good basics or if you look in in the very back of their shelves you can find a good jumper.

I read in an interview with you that you also sew your own clothes. Is that something you still do and make a career out of it – fashion, styling, design?

Well I used to sew more a couple of years ago. But now I really want to do my music. I produce songs with my producer and songwriter and I really care about it. I want to start sewing again, there’s a sewing machine in my room getting all dusty. But I also have to admit that I don’t really have the patience for it. I did a couple of internships with tailors and had to realize that I’m not very good in three dimensional thinking. The patterns and the sewing itself is pretty complicated! I have a lot of respect if someone can produce a piece of clothing from start to end all by themselves. But as a profession I don’t think it is for me.

I do like it though to suggest outfits to my friends. But you have to be careful not to change them too much and choose stuff that fits their personalities.

You are a bit of a role model yourself for your fans and you have a lot of followers on Instagram that adore you. How do you feel about that?

It is crazy. Sometimes I wonder what I have done to deserve all this? It is really beautiful to get so much love and compliments online and people telling you how amazing you are. But it also scares me a bit. For example when people write „I love you – I can’t live without you – when can we meet?“  If I don’t answer their texts then eventually they go: „this is the worst day of my life, why are you doing this to me?“  I feel responsible then. I can’t handle this very well because of course I don’t want anybody to be sad just because I didn’t answer their message. But I suppose there are people who are not very mentally stable.

But it works the other way round as well, people have big mouths online and write really mean things. Two other contestants of The Voice even got death threats online. And somebody used a photo of me on 9gag and the comments underneath were vile. Along the lines of „kill him before he reproduces, kill it with fire..“ and so on, really bad. But I try and take it with humor, sometimes it is funny, but when 100.000 people on 9gag insult you then it’s a bit much.

But all in all I love doing photo shoots and to inspire other people with my style. It makes me really happy when people write that they had new ideas because of me.

When I first discovered Julia Richter’s blog „a personal style“, Timmy was immediately one of my favorite portraits. You can read the story how I met Julia here again. When I met Timmy in person, he charmed me with his sweetness and his thriving search for uniqueness. In 2013 Tim has been one of the finalists on the casting show „The Voice Kids„, he was 14 years old. Since then he publishes his own songs under the name of Tim Acid. You can see Timmy’s whole outfit over at Julia’s page and see some more of his amazing outfits. Also check out Tim’s Instagram account!

story #3 Tobias

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Wann und wo hast du das ausgewählte Kleidungsstück gekauft?

Ich habe das Hemd in London gekauft in einer sehr schnuckeligen, kleinen Straße in Bloomsbury, also das zentrale Uni-Viertel in London, wo auch das Britische Museum ist, lauter schöne Galerien und Läden. Vor zwei Jahren waren wir also zu Besuch dort, Sarah, meine Partnerin, war auf einer Tagung und ich war mit unserem 9-monatigen Sohn unterwegs. Ich war also nur mitreisender Partner und Vater und konnte mit dem kleinen Baby nicht so wahnsinnig viel unternehmen, aber es war wahnsinnig schönes Wetter und so bin ich mit dem Kinderwagen durch London getuckert und habe ausgiebige Spaziergänge mit ihm gemacht. Ich bin immer in diese Straße gefahren, weil ich die von früher noch kannte, denn da gab es ein sehr schönes Café, einen super Buchladen und dann habe ich eigentlich mehr zufällig das Geschäft mit den Hemden entdeckt. Das war so ein richtig schickes Herrengeschäft. Ich kaufe normalerweise nicht so teure Kleidung, ich bin nicht so der Typ, der sich etwas Extravagantes anzieht oder leistet.  Aber das war zwei Monate vor meinem 50. Geburtstag Anfang Juni und ich hatte noch nichts anzuziehen für meine große Party! Ich habe da also das Hemd gesehen und bin eine Woche daran vorbeigeschlichen, weil das eben eine Preisklasse war, die ich mir normalerweise nicht leiste, einfach, weil ich nicht so einen Wert darauf lege und für Kleidung nicht so viel Geld ausgebe. Naja, aber es hat mich eben doch so angelacht, ich fand das Hemd irgendwie witzig. Dann war der Typ auch noch so nett, ich habe es dreimal anprobiert, mit großem Hin-und-Her, und am letzten Tag vor der Abreise bin ich dann nochmal mit der Kreditkarte in der Hand hingegangen und habe es mir gekauft! Tja, das war ne größere Anschaffung und der Typ meinte auch: „It’s a fun shirt for a fun day.“ und ich fand, dass ist genau das Richtige für den Anlass. Und die Party war echt gut, du warst ja da…

Und Deine Party Location und Deko hat genau zu Deinem Shirt gepasst…

Genau ich hatte eben schon die Location, das Palmenhaus, und wusste schon, dass es da so tropisch-exotisch aussehen würde und obwohl das normalerweise nicht so mein Style ist, habe ich mir das dann dafür einfach gegönnt.

Ziehst du das Hemd immer noch gerne an?

Ja schon, auf Partys oder wenn wir mal schick essen gehen, also für spezielle Anlässe zwei, dreimal im Jahr hatte ich es schon an. Der Geburtstag ist jetzt knapp zwei Jahre her und so lange ich noch reinpasse, trage ich es auch! Aber ich würde es jetzt nie an die Uni anziehen. Neulich war ich zum Beispiel auf einer Party von einer Unikollegin und jeder hat dann mein Hemd kommentiert und sagte: „Wow, was hast Du denn da an? So kennen wir dich ja gar nicht…“ Es ist also schon etwas auffälliger, wenn ich sowas trage, also zu offiziellen Anlässen ziehe ich das nicht an.

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Die Zeit um deinen 50. Geburtstag war ereignisreich und geprägt von großen Veränderungen?

Ja, da hat sich viel getan, mit Sarah habe ich einen neuen Lebensabschnitt begonnen, mein Sohn Benjamin wurde im August 2014 geboren und ich bin ein Jahr später 50 geworden. Das alles wollte ich mit der Party feiern. Teilweise sind Leute sogar von weiter her angereist und es war wirklich schön, alle mal an einem Ort zusammen zu haben.

Du bist ja relativ spät Vater geworden, wie hat sich dein Leben verändert dadurch?

Naja, organisatorisch hat sich schon einiges verändert, weniger Schlaf, weniger Arbeit, aber beides finde ich eigentlich gut. Eine Kollegin von mir hat mal gesagt:

„Children ruin your life for the better“

…und das finde ich eigentlich einen ganz guten Spruch…

Ich habe lange Jahre eben die Prioritäten auf das Arbeiten gelegt – ich arbeite sehr gerne an meinen Sachen, ist ja nicht so dass ich gezwungen werde – aber wenn man sich eben immer an den äußeren Dingen orientiert und an dem, was man schaffen muss und will, dann hat so ein Kind auf einmal ganz andere Forderungen. Ich finde, das war so ziemlich das Beste, was mir in meinem Leben noch passiert ist. Das muss ich sagen.

Zurück zur Kleidung. Wie würdest du deinen Stil beschreiben?

(lacht) Ach ich fühl mich eigentlich nicht so stylisch…

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Tobias in seinem Arbeitszimmer. Man beachte auch das rosa Schwein oben auf dem Regal…

Welche Kleidung ziehst du denn gerne an?

Für den Job trage ich eigentlich schon immer Hemden und Jackett, das ist mittlerweile mein Standard. Anzüge allerdings nur bei Anlässen, bei denen das erforderlich oder erwartet wird. Krawatten nur ganz, ganz selten, wirklich nur für Bewerbungsvorträge oder Habilitations-Verfahren oder sowas, das ist mir sehr lästig. Und ansonsten eher funktional, es ist mir sehr lästig Klamotten einkaufen zu gehen, das mache ich sehr ungern. Es ist mir auch lästig darüber nachzudenken. Ich habe da nicht so eine Ader dafür, Sarah kümmert sich jetzt da drum…(lacht) Da nimmt sie mir häufiger die Entscheidung ab, was ich  mir kaufen soll, ich bin da einfach nicht so aufmerksam, was meine Kleidung anbelangt.

Benutzt Du Kleidung als Kommunikationsmittel?

Klar, natürlich kommuniziert man auch, wenn man nicht kommuniziert. Man kann nicht nicht kommunizieren, natürlich auch mit Kleidung. Es gibt so bestimmte Sachen, die ich jetzt einfach durchziehe, zum Beispiel, wenn ich eine Vorlesung halte, trage ich immer ein weißes Hemd mit einem Jackett, aber meistens dann kombiniert mit einer Jeans. Solche Sachen kommuniziere ich dann schon auch durch Kleidung, so dass ich da vorne als der Herr Professor rüberkomme, so will ich ja auch angesehen werden. Oder als ich Präsident der Shakespeare Gesellschaft war, da habe ich natürlich eine Krawatte getragen für all die wichtigen Anlässe, die da abgefeiert werden mussten. Da gab es natürlich dress codes der professionellen Art, aber ansonsten fühle ich mich auf dem Gebiet eher nicht so ambitioniert. Daher ist das Hemd, das ich ausgewählt habe tatsächlich etwas sehr besonderes, weil es das einzige Kleidungsstück ist, zu dem ich wirklich eine Geschichte erzählen kann.

Tobias habe ich für die Serie ausgesucht, weil er wirklich gar nichts am Hut hat mit Kleidung, bis ich ihn in diesem unglaublich tollen Flamingo Shirt gesehen habe. Tobias hat mir gezeigt, wie man Gedanken strukturiert, er hat mir eine Welt voller Geschichten  gezeigt und er hat mich nachhaltig mit seiner Begeisterung für Shakespeare angesteckt.

Tobias Döring ist Professor für Anglistik an der LMU München und er war bis vor Kurzem Präsident der Shakespeare Gesellschaft. Er hat zahlreiche Bücher geschrieben und herausgegeben, eins meiner Lieblingsbücher ist eine Sammlung von Texten und Gedichte über die  Londoner U-Bahn „London Underground: poems and prose about the tube“ (amazon Link). Wer Tobias in einem Podcast hören will, wie er sehr kurzweilig über Shakespeare spricht, der möge sich die Sendung Doppelkopf anhören.

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story #2 Julia

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Hose von Julia Richter (www.apersonalstyle.com)

Wann und wo hast du das ausgewählte Kleidungsstück gekauft?

Die Hose, die ich mir für das Porträt ausgesucht habe, gehörte meinem Vater und ist eigentlich Teil eines ganzen Anzuges. Der Anzug ist aus Woll-Tweed und stammt aus den 70er Jahren und meine Mutter, die gerne Sachen aufhebt, hat ihn im Speicher aufbewahrt. Ich fand den sehr cool, besonders weil ich auch gerne Herrensachen trage. Die Hose begleitet mich jetzt schon sehr lange. Mein Vater ist ungefähr genauso groß wie ich und deshalb passt mir die Hose auch so gut. Er selbst würde da jetzt nicht mehr hineinpassen und auch früher muss er das sehr eng anliegend getragen haben. Mein Vater hatte früher auch so fette Koteletten, das hat schon gut ausgesehen.

Warum hast du es für dieses Porträt ausgewählt, was macht es so besonders für Dich?

Ich finde es toll, Kleidungsstücke zu vererben, und dass meine Mutter die „guten Sachen“ aufbewahrt hat. Sie hat gerne hochwertige und schöne Sachen gekauft mit sehr guter Qualität. Diese guten Sachen, die ihr auch etwas bedeutet haben, weil sie sie zum Beispiel an einem bestimmten Ort gekauft hat, in ei
ner bestimmten Boutique oder zu speziellen Anlässen, die hat sie alle auf dem Speicher aufgehoben. Für mich war das natürlich super, weil ich Flohmärkte schon immer mochte, so dass ich dort dann aus unserem eigenen Archiv schöpfen konnte. Ich mache das inzwischen auch selber, dass ich eine Menge Klamotten und Schuhe aufhebe. Und meine Töchter fangen jetzt auch schon an meine alten Sachen anzuziehen. Das Aufheben und Weitergeben ist also inzwischen schon bei der nächsten Generation angekommen.

Für mich ist es deshalb so besonders, weil es ein Familienstück ist, das weitergegeben wurde. Ich trage die Hose zwar in einem anderen Kontext, aber das Stück wird wirklich weiter genutzt. Und wer weiß, wenn die Motten nicht drangehen, gebe ich es meinen Töchtern weiter.

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Foto: Frank Bauer (www.frankbauer.com)

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story #1 Torben

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Wann und wo hast du das ausgewählte Kleidungsstück gekauft?

Das Shirt habe ich im letzten Jahr im Online-Shop des kalifornischen Schallplattenlabels Dark Entries Records bestellt. Und eine Woche nachdem es per Post ankam und ich mich in Design, Druck & Passform verliebt hatte, habe ich es gleich noch ein zweites Mal bestellt.

Warum hast du es für dieses Porträt ausgewählt, was macht es so besonders für Dich?

Da muss ich jetzt ein wenig ausholen. Auf dem Shirt ist das Portrait von Patrick Cowley zu sehen, ein amerikanischer Musiker & Produzent und für mich eine Ikone und Leitfigur schwuler Tanzmusik. Zusammen mit Sylvester hat er in den späten 70ern und frühen 80ern HiNRG-Hits wie „Do you wanna funk“ oder „Menergy“ produziert. Manch einer kennt vielleicht auch seinen 15-Minuten Remix von Donna Summers „I feel love“. Seine Musik bedeutet mir sehr viel, trotz oder gerade wegen ihrer Schwülstigkeit und ihrem überbordenden Hedonismus, der in einem krassen Spannungsverhältnis zu der Situation der Gay-Community in den frühen Achtzigern steht. Das war ja eine ziemlich dunkle Zeit. Soziale Ausgrenzung & Stigmatisierung, gewalttätige Übergriffe, die ersten AIDS-Fälle und die damit verbundenen Unsicherheiten und Ängste. Cowley gehörte dann auch gleich zu den ersten prominenten AIDS-Toten, er verstarb bereits 1982 mit 31 Jahren. Kaum auszudenken, was da musikalisch noch möglich gewesen wäre.

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Torben aka Sergeant Pfeffer

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Rückblick und Ausblick

Hier melde ich mich nun endlich wieder zurück mit einem neuen Post! Es ist zwar schon reichlich spät für einen Rückblick, aber besser spät, als nie…

2016 war auch für mich ein schwieriges Jahr und ich musste mir viel eingestehen und Konsequenzen ziehen. Die wichtigste und gleichzeitig bitterste Erkenntnis war wohl, dass es für mich nicht funktioniert aus meiner Leidenschaft ein Business machen zu wollen. Mir fehlt, glaube ich, einfach das Unternehmergen. Der Druck mit story of my shirt Geld verdienen zu müssen, hat wirklich jede Idee versiegen lassen. Noch nie war ich so gestresst und gelähmt,  die Existenzangst hat mich fast erdrückt. Seit ich das endlich eingesehen habe und – anstatt an mir herum zu optimieren – mir einen Job gesucht habe, der mir regelmäßig zumindest ein kleines Einkommen auf mein Konto spült, geht es mir besser. Über Weihnachten hatte ich dann Zeit mich wieder ein bisschen zu sortieren und mir einfach mal bewusst zu machen, was ich eigentlich will bzw. nicht will.

Was das jetzt beruflich für mich bedeutet, steht auf einem anderen Blatt, aber für story of my shirt heißt das: Hier werde ich in völlig planloser, nicht-marketing-tauglicher, aber immer zu 150% leidenschaftlicher Art und Weise Dinge zeigen, beschreiben und vorstellen, die ich gut finde. Leute, die mich begeistern. Kunst und Mode, die mich begeistert. Themen, die mich begeistern. Zwischendurch zeig ich auch mal, was ich selbst so fabriziere. Alles ohne Hintergedanken damit Geld verdienen zu müssen.

„Das Neue darf nicht bewusst im Rahmen einer Strategie geplant sein, die auf den Erfolg ausgerichtet ist.“  

(Zitat von Boris Groys aus Ingrid Loscheks Buch „Wann ist Mode“ )

Ingrid Loschek schreibt weiter, dass eine wesentliche Voraussetzung für kreatives Schaffen die Freiheit sei: Freiheit des Denkens, Fühlens und Machens.

Als ich das gelesen habe, war mir auf einmal vollkommen klar, was bisher mein Problem war und irgendwie ist mir ein Stein vom Herzen gefallen. Diese Freiheit möchte ich mir hier mit story of my shirt bewahren, denn ich will Neues entdecken und entwickeln, und mich dann nicht der Massenherstellung, dem Verkauf und dem Marketing widmen, sondern intuitiv das Thema wechseln.

Mit dieser neuen Klarheit, hatte ich auch das Bedürfnis den Look des Blogs zu verändern. Ich habe mich vom etwas blumigen Stil meines Blogs verabschiedet und habe alles etwas schlichter gestaltet. Ich hatte das Gefühl, dass das so jetzt viel besser zu mir passt und es mir mehr Raum gibt „story of my shirt“ zu interpretieren. Ich habe auch noch vor, den Blog strukturell umzugestalten, aber das muss jetzt erst einmal warten. Sonst bekomme ich einen Herzinfarkt, wenn ich mich mit soviel Technik auf einmal auseinandersetzen muss…

In den nächsten Tagen starte ich mit einer Porträt Reihe: Menschen zeigen ein Kleidungsstück aus ihrer Garderobe und erzählen ihre story dazu.  Back to the roots also! Ich freue mich sehr darauf!

Wenn ihr also auf all das Lust habt, bleibt mir gewogen, ich freu mich über jeden, der diese Zeilen liest.

 

Behind the scenes: Aufzeichnung der TV-Sendung Freizeit

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Bild: André Goerschel

Was war ich aufgeregt, als mich die Redakteurin vom Bayerischen Fernsehen angerufen hat und mich gefragt hat, ob ich Lust hätte bei der Sendung Freizeit mitzumachen! Die Sendung wird moderiert von dem unheimlich sympathischen Max Schmidt, dessen Aufgabe für die Sendung es ist, Dinge auszuprobieren.

Nach einer fast 4-wöchigen Vorbereitungsphase, in der wir überlegt haben und ausprobiert haben, wie wir am besten zeigen, was ich mache, bin ich also am 27.Oktober nach Ottensoos bei Nürnberg gefahren, um die Sendung aufzuzeichnen. In Ottensoos gibt es den Kulturbahnhof, ein altes Bahnhofsgebäude, das von Renate Kirchhof-Stahlmann und ihrem Mann in ein Kunstmuseum und Begegnungsstätte umgewandelt wurde. Sie widmen sich der Nachhaltigkeit auf verschiedene Weisen und bieten Raum für Bildung und Austausch.

Da habe ich mit meinem storyofmyshirt-Projekt natürlich gut dazu gepasst und so kam es, dass wir die Sendung in Nürnberg und nicht in meinem zu kleinen Atelier in München gedreht haben.

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Stoffkunst -Kunst aus Stoff

Storytelling funktioniert nicht nur über eine/n Erzähler/in oder das gedruckte Wort, sondern auch über Bilder, Gegenstände oder Materialien. Seit einiger Zeit beschäftige ich mich also mit Textilkunst und möchte heute Künstler vorstellen, die Stoff und Kleidung auf ganz besondere Art für ihre Kunst verwenden. Die Dekonstruktion der Materialien in ihrer ursprünglichen Form ist auch hier Teil der Arbeit, um dem Folgeprodukt eine Bedeutung zu geben bzw. eine zum Teil auch politische Verbindung zwischen Alt und Neu herzustellen.

Mister Finch

Angefangen hat es mit einer Sonntagsbeilage einer großen, irischen Tageszeitung, in der ein Künstler vorgestellt wurde, der aus alter Kleidung, Accessoires und Draht teilweise mannshohe Figuren näht und zusammenbaut. Mister Finch heißt er und ich habe mich schockverliebt in seine Hasen, Eulen, Füchse, Pilze, Motten und viele andere märchenhafte, seltsame Kreaturen.

Finch, der zurückgezogen in Leeds/ UK lebt und arbeitet, kreiert mit seinen Figuren eine eigene, magische Welt, die sich zusammensetzt aus vermenschlichten Tieren, inspiriert durch englische Folk Tales und einem Hauch von gothic Märchen. Er verwendet gebrauchten Stoff, Kleider, Vorhänge, alles was er finden kann, und bearbeitet ihn so, dass es aussieht als wären seine Figuren lebendig und kämen gerade von der Gartenarbeit oder aus dem Wald.

(Alle Fotos mit Erlaubnis von Mr.Finch. www.mister-finch.com)

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Über das Reparieren

Neulich habe ich eine Geschichte vorgelesen, die davon handelte, wie ein kleines Mädchen Schwierigkeiten hatte sich an die neue Patchwork-Familie zu gewöhnen, weil ihre Mutter wieder heiratete. Sie hasste das Wort Patchwork und ihre Oma schenkte ihr zur Hochzeit aber genau eine solche Decke. Das Schöne an der Geschichte ist, die Decke hat die Oma aus Textilien zusammen genäht, die einmal Menschen gehörten, die das Mädchen sehr liebt. Oder auch ein geliebtes Kleidungsstück, das ihr zu klein geworden ist, hat die Oma in den Quilt eingearbeitet. Sie zeigt ihr damit, dass es möglich ist, ganz verschiedene Fleckerl, die auf den ersten Blick nicht zusammenpassen, zu einem Ganzen zusammenzufügen. Für das kleine Mädchen heißt das im übertragenen Sinn, dass sie sich an die neuen Familienmitglieder gewöhnen wird und mit ein bisschen Empathie und Liebe auch mit ihnen zu einer neuen Familie zusammenwachsen kann. Mir gefällt das Bild und es liesse sich auch im Großen gesamtgesellschaftlich anwenden. Oh well…

„The act of sewing is a process of emotional repair.“                                                                                                         Louise Bourgeois

Es soll also um das Reparieren gehen, hier bei mir. Kleidung zu reparieren ist in etwa so alt wie das Herstellen von Kleidung selbst. Erst in jüngster Zeit wurde es zurück gedrängt von fast fashion, die statt dem Reparieren den Neukauf an erster Stelle sieht. Die Reparatur von Kleidung ist jedoch etwas, das immer auch auf kunstvolle Weise geschieht, setzt es doch eine gewisse Kenntnis des Materials, aber auch des Trägers voraus.

Sashiko

Ich habe zwei spannende Reparaturthemen herausgesucht und will Euch als erstes von Sashiko erzählen, eine alte, japanische Form des Stickens bzw des Quiltens. Ende des 19.Jahrhunderts war Sashiko eine Methode, um robuste Kleidung für Fischer, Bauern und Feuerwehrmänner herzustellen. Es wurden Stoffstücke aus Hanffaser mit speziellen Stichen zusammengenäht, um dem neuen Kleidungsstück Stabilität und dem Träger Schutz vor Kälte oder Hitze zu geben. Es wurden aus alten, kaputten Kleidungsstücken die guten Stücke herausgeschnitten und mit der Sticktechnik zu einem neuen Stück zusammengesetzt. Das Wort Sashiko bedeutet übersetzt „kleine Stiche“.

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Jürgen – eine Begegnung

Ich habe Jürgen kennengelernt, ohne dass es einen Zusammenhang mit Kleidung gab. Das kam erst später und brachte mich dann endgültig dazu, ihn zu interviewen, in seine Welt einzutauchen und zu lernen. Jürgen tauchte immer wieder einfach in unserem Atelier auf und half mir bei Schreinerarbeiten oder er wollte einfach nur ratschen und einen Tee trinken. Eines Tages kam ich ins Atelier und vor der Tür lag eine große Tasche mit hochwertigster Herrenkleidung – Eine wasserdichte Outdoor Jacke, Hemden und Hosen – mit herzlichen Grüßen von ihm, er möchte mich und meine Idee gerne unterstützen. Welch schöne Geste, ich habe mich sehr gefreut und habe sofort angefangen seine Sachen zu verwerten. Hier sind einige Fotos, die aus seinem Hemd und seiner Jacke entstanden sind.

Nun hatte ich also endlich die Gelegenheit Jürgen zu befragen. Trifft man ihn zum ersten Mal, wird man fast umgehauen von seiner Präsenz und seinen entlarvenden Fragen. Er ist der Typ Mensch, dem man sofort vertraut und der einem das Gefühl gibt, mit ihm zusammen kann man alle seine Probleme lösen. Man möchte ihm gleich seine gesamte Lebensgeschichte erzählen. Woher kommt das? Vielleicht, weil man Jürgen, der 1964 in München geboren wurde und in Sendling aufgewachsen ist, anmerkt, dass er selbst schon einiges erlebt hat, aber für sich einen guten Weg gefunden hat.

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Photo © Jürgen Mattik

Seine Eltern trennten sich, als er 2 Jahre alt war und sein Vater hat den Kontakt zu ihm abgebrochen. Jürgen entwickelte eine rebellische Natur, was er heute nur als Vorteil sieht. Er kann verquer denken, sagt er und ungewöhnliche Lösungen für Probleme finden. Seine Jugend in den 80er Jahren war wild, Drogen spielten eine Rolle. Er hing in den legendären Münchner Clubs ab, im „Round up“, im „Tanzlokal Größenwahn“ in der Klenzestraße oder im „Why not“ in einem Hinterhof in der Briennerstraße.

Mit 22 Jahren machte er dann eine Umschulung zum Schreiner und war als Geselle auf der Walz. Unterwegs hat er Lehmbau gelernt und nach einem halben Jahr blieb er in Andernach hängen: „Hab eine Lady kennengelernt und zack bumm bin ich bei ihr geblieben.“
Als ich nach weiteren wichtigen Stationen in seinem Leben frage, windet er sich, denn so einfach will er es sich nicht machen. Alles was er erlebt habe, habe ihn zu dem gemacht, der er jetzt ist, da will er Erlebnisse nicht nach Wichtigkeit bewerten. „Ich musste mir nie Gedanken machen, ich bin immer von einem zum nächsten gekommen ohne Plan, wenn ich mir Gedanken gemacht habe, hat das meistens nicht funktioniert.“ Ein haptischer Mensch sei er, der nicht viel davon hält, sich zu sehr auf die Kopfarbeit zu konzentrieren.
Seine Tochter kam in sein Leben, als er 36 war. Er hat ein enges Verhältnis zu ihr, auch wenn sie nicht bei ihm aufwächst. Jürgen war 4 Jahre Mit-Gesellschafter im Ruffini, dem im Kollektiv geleiteten Café in Neuhausen. Rückblickend auf all die Jahre sagt er: „Ich habe viel Härte im Leben erfahren, das wurde aber immer wieder durch Glück kompensiert.“
Er hat 12 Jahre TaekwonDo praktiziert und trägt den 2. Dan. Ein Kreuzbandriß, den er sich beim Fußballspielen zugezogen hat, beendete seine aktive Zeit. Über das TaekwonDo lernte er, sich selbst zu lesen. Gefühlszustände drückten sich in der Technik aus und der Weg zur Zen Meditation war gelegt.
Und dann erzählt Jürgen, in einem Nebensatz und nach fast einer halben Stunde Gespräch, etwas, das bei mir Zack Bumm macht: Jürgen meditiert nicht nur so ein bisschen, sondern ist ordinierter Zen Mönch. Er praktiziert Soto Zen und sein Meister ist Philippe Coupey, der wiederum Schüler von Meister Taisen Deshimaru ist. (www.zen-road.org) Am 17.08.2007 hat er seine Ordination erhalten und betont, dass es sich dabei nicht um einen Rang handelt. Vielmehr ist es ein Offiziell Machen vom Ego Weg zurück zu treten. Zen ist, so erklärt Jürgen, sich selbst zu beobachten und mit sich vertraut zu werden. Die Gedanken dürfen kommen und man lässt sie aber wieder ziehen, man konzentriert sich auf den Körper und findet so ins Hier und Jetzt zurück. Zen ist nackt und ohne Chichi. Zen ist Präsenz, was Jürgen durch und durch ausstrahlt. Zen lehrt Intuition und das Zurückkommen zur eigenen mitfühlenden Natur. In hasserfüllten Zeiten wie diesen, sauge ich förmlich jedes Wort dieses Mannes auf, denn sie sind so wohltuend und friedlich und hoffnungsvoll. Dann unterbricht er das Interview, um etwas zu holen, das er mir zeigen möchte. Er holt das Kesa, eine Art textiler Umhang der von Zen Mönchen und Nonnen während der Meditation oder einer Zeremonie getragen wird.

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Es ist ein sehr persönliches Kleidungsstück, da es mit einem Spruch und den Daten seiner Ordination bedruckt ist. Es ist so persönlich, dass ich das wunderschöne schwarzweiße Tusche – Bild und die Schriftzeichen nicht fotografieren darf. Er übersetzt aber die Schriftzeichen für mich: Begierde und Illusion wird zu Weisheit. Die Mönche und Nonnen tragen es auch nie nach aussen hin sichtbar, sondern das Bedruckte weist immer zum Körper hin. Eine Nonne, die zusammen mit ihm ordiniert wurde, hat es für ihn von Hand genäht. Zusammengefaltet steckt das Kesa in einer Origami Tasche und ich bekomme ein klein wenig Gänsehaut, da ich aus Jürgens Hemden viel Origami Schmuck hergestellt habe, ohne vorher davon zu wissen. Wer mehr über das Kesa, dessen Bedeutung und vor allem über das Kesa Nähen erfahren will, kann hier ein interessantes Interview mit einer Zen-Nonne lesen.
Doch was arbeitet Jürgen eigentlich? Nach einer schweren Verletzung an seiner rechten Hand, musste er erstmal 2 Jahre Pause machen. Sein Zen-Weg hat ihn auch zur Strukturellen Integration nach Dr. Ida Rolf gebracht. Diese Heilarbeit am Körper, die Haltungsverbesserung, Atembefreiung und Bewegungsverfeinerung zum Ziel hat, möchte er gerne zu seiner zukünftigen Arbeit machen. Alles ist noch im Aufbau, sobald seine Homepage fertig ist, verlinke ich natürlich. Wer mehr darüber wissen möchte, liest am besten hier weiter.
Ich könnte Jürgen noch stundenlang zuhören und ihm Fragen stellen, doch ich zwinge mich zu meinem Thema zurückzukehren und frage ihn, was das für Kleidung war, die er mir gespendet hat. Er hat klar Schiff gemacht in seinem Kleiderschrank und Ungetragenes aussortiert. Aber eine Kleiderspende bei der klassischen Altkleider Sammlung kam für ihn nicht in Frage, weil er die Textilindustrie in Afrika nicht mit zerstören will. Meine Idee findet er großartig und mutig und deshalb will er mich unterstützen. Selten habe ich ein Kompliment lieber entgegen genommen. „Es gibt keine Handlung, die nicht politisch ist.“ Noch ein letztes Zack Bumm, bevor er sich wieder an die Arbeit macht.

Wer Jürgen persönlich kennenlernen und mit ihm meditieren möchte, der ist herzlich eingeladen bei seiner Meditations-Gruppe mitzumachen. Die Gruppe trifft sich jeden Dienstag um 20.00 Uhr in der Hans-Fischer-Str. 13, München-Westend im Bewohnertreff. Bei Interesse bittet Jürgen um kurze telefonische Voranmeldung unter 0179-59 087 59.

Hinter den Kulissen von story of my shirt

Heute habe ich beschlossen mal ein bisschen von mir zu erzählen und was ich so mache, wenn es hier sehr still wird.

Wie einige von Euch ja mitbekommen haben, arbeite ich gerade daran Produkte zu entwickeln, die sich potentiell verkaufen lassen. Es ist viel Arbeit kann ich da nur sagen, aber noch nie habe ich Arbeit so genossen, wie diese hier. Wer mir auf Instagram folgt oder meine Facebook Seite abonniert hat, bekommt ja hin und wieder einen Einblick, woran ich gerade arbeite. Jetzt habe ich aber zum ersten Mal ein richtiges Foto Shooting organisiert mit dem tollen Fotografen  Andre Gartner und meinen zwei  überragenden Models Johanna und Hanna. (Auch an dieser Stelle nochmal 1000 Dankesküsse an Euch Drei!) Das war vielleicht aufregend…Ich habe also noch in Windeseile mehr von meinem Origami-Schmuck gemacht und noch eine Schiebermütze und ein Kleid! Als Deko habe ich unseren Wohnzimmertisch entführt und weil ich keine schöne Blume finden konnte, musste kurzerhand die Artischocke herhalten. Ich bin ganz verliebt in die Artischocke als Deko, aber demnächst werde ich sie wohl kochen müssen…

Hier seht ihr jetzt also, wie es bei unserem Foto Shooting in meinem Atelier zugegangen ist. Alle folgenden Fotos sind von mir fotografiert.

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Abschlussfoto

Vieles war improvisiert und bestimmt ist da technisch noch haushoch Luft nach oben, aber es hat Spaß gemacht und ich bin sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Natürlich geht die Arbeit noch weiter und ich werde bald davon berichten. Ein bisschen was habe ich nämlich noch vor… Auf bald!